STADTSPAZIERGANG WIEN – DIE JUGENDSTIL BAUWERKE VON OTTO WAGNER

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Dieser Wien-Spaziergang führt Euch zu den schönsten Jugendstil-Bauwerken von Otto Wagner, die noch heute das Wiener Stadtbild prägen. Seine Arbeiten machten das Wien um 1900 zur modernen Metropole. Alles was ihr für diese Entdeckungstour benötigt ist ein wenig Zeit, bequeme Schuhe und ein Tagesticket der Wiener Linien.

Otto Wagner Wienzeilenhäuser

Wien um 1900 – Jugendstil und Wiener Moderne

Otto Wagner zählt zu den Vertretern der Wiener Moderne, des Jugendstils. So wie Klimt und Schiele in der Malerei. Mit seinen Bauwerken revolutioniert Otto Wagner die Architektur. Er wendet sich ab vom verschnörkelten Ringstraßenstil.

Die Kunst kennt nur einen Herrn – das Bedürfnis!

Leitsrpuch von Otto Wagner
Otto Wagner Stadtbahnbauten

Was an den Arbeiten von Otto Wagner fasziniert, ist die Verbindung von Schönheit und Zweckmäßigkeit. Er entwirft alles: Gebäude, Möbel, Teppiche, Lampen, Heizkörper, ja sogar die Türklingel. Jedes noch so kleine Detail wird von ihm bedacht. Seine Bauwerke bestechten durch Perfektion, strenge Formen und die Verwendung moderner Materialien, wie Eisenbeton, Fliesen, Kupferplatten oder Aluminium.

Österreichische Postsparkasse

Genug der Einleitung. Wir beginnen unsere Otto Wagner-Tour beim Gebäude der ehemaligen Postsparkasse am Georg Coch-Platz 2.

Österreichische Postsparkasse

Österreichische Postsparkasse

Das Gebäude der Österreichischen Postsparkasse ist eines der berühmtesten Jugendstil-Gebäude von Otto Wagner. Fertiggestellt im Jahr 1906 zählt es zu den ersten Gebäuden aus Stahlbeton in Wien.

Österreichische Postsparkasse

Marmorplatten mit auffallenden Metallnieten schmücken die sonst schmucklose Fassade. Für seine Arbeiten verwendet Wagner stets haltbare und pflegeleichte Materialien.

Österreichische Postsparkasse

Wir betreten das Gebäude durch die alte Drehtür. Eine Prunktreppe führt uns direkt in den großen Kassensaal.

Österreichische Postsparkasse

Eine gewölbte Glasdecke sorgt für viel Helligkeit. Durch den Fußboden aus Glas wird das Kellergeschoss mit natürlichem Licht versorgt. Bei der Gestaltung der Räumlichkeiten legte Otto Wagner viel Wert auf eine freundliche Arbeitswelt.

Österreichische Postsparkasse

Ins Auge stechen uns die zahlreichen Aluminium-Röhren im Kassensaal. Bei diesen “Kunst-Objekten” handelt es sich um Wärmelüfter.

NÜTZLICHE HINWEISE
Österreichische Postsparkasse

1010 Wien, Georg Coch-Platz 2
U4-Station: Schwedenplatz
Öffnungszeiten:
In der Regel ist der große Kassensaal von Mo bis Fr von 10:00–18:00 Uhr öffentlich und gratis zugänglich. Nähere Details zu den Öffnungszeiten unter Österreichische Postsparkasse

Wir verlassen die Postsparkasse und gehen geradeaus zum Stubenring und folgen diesem bis zum Stadtpark (Gehzeit rund 10 Minuten).

Johann Strauss Denkmal

Im Stadtpark steht das am meisten fotografierte Denkmal Wiens, die vergoldete Statue von Johann Strauß. Beliebt bei asiatischen Reisegruppen. Ein Selfie mit dem Walzerkönig gehört zum Pflichtprogramm.

Wienflussportal im Stadtpark

Einige Schritte weiter erreichen wir die U4 Station “Stadtpark” und das von Friedrich Ohmann entworfene Wienfluss-Portal. Dieses entstand im Zuge der Wienfluss-Regulierung.

Stadtbahnstation beim Stadtpark

Stadtbahnstation Stadtpark

Die von Otto Wagner geplante U4-Station “Stadtpark” war ursprünglich eine Haltestelle der Wiener Stadtbahn. Sie ist bis heute im Originalzustand erhalten geblieben.

Die Stadtbahn ist neben der Ringstraße die bedeutendste städtebauliche Leistung Wiens!

Architekt Hermann Czech
Stadtbahnstation Stadtpark

Die Wiener Stadtbahn zählt zu den wichtigsten Werken Otto Wagners. Er gab den Stationen, Brücken und Viadukten ein unverwechselbares Erscheinungbild. Der Architekt plante jedes Detail – von den Beleuchtungskörpern bis zu den Bodenfliesen.

Stadtbahnstation Stadtpark

Noch heute prägen die Bauten der Stadtbahn – entlang des Gürtels und Wientals – das Stadtbild von Wien.

NÜTZLICHE HINWEISE
Wienflussportal im Stadtpark

1010 Wien, Parkring 1
U4-Station: Stadtpark
Öffnungszeiten: 24 Stunden frei zugänglich

Wir fahren mit der U4 eine Station zum Karlsplatz.

Otto Wagner Pavillons am Karlsplatz

Otto Wagner Pavillons am Karlsplatz

Die ehemaligen Stadtbahn-Pavillons am Karlsplatz sind ein Musterbeispiel des Jugendstils. Die Farben Weiß und Grün dominieren, Sonnenblumen verzieren die Fassade. Das Wien Museum nützt einen Pavillon als Museum und zeigt eine Ausstellung über die Arbeiten Otto Wagners. Der zweite Pavillon beherbergt ein Kaffeehaus.

NÜTZLICHE HINWEISE
Otto Wagner Pavillons

1040 Wien, Karlsplatz
U4-Station: Karlsplatz
Öffnungszeiten: April bis Oktober (Di bis So) von 10 bis 18 Uhr
>>Link zur Offizielle Seite zu den Otto Wagner Pavillons

Nach einem kurzen Spaziergang (etwa 10 Minuten) erreichen wir ein weiteres Jugendstil- Gebäude. Dessen Kuppel ist schon von weitem sichtbar. Ein Schüler von Otto Wagner plante dieses Gebäude.

Secession

Secession

1897 distanzierten sich Gustav Klimt, Josef Hoffmann und weitere junger Künstler von der konservativen Tradition des Wiener Künstlerhauses. Sie lehnten den Historismus mit seiner Glorifizierung historische Bauformen ab. Die Künstler gründeten den Kunstverein Secession und beauftragten Joseph Olbrich mit der Errichtung eines modernen Ausstellungshauses.

Der Zeit ihre Kunst – der Kunst ihre Freiheit

Leitspruch der Secessionisten
Secesion

Der kubische Bau mit seiner auffälligen Goldkuppel sorgte in der Wiener Bevölkerung für heftige Proteste. Traditionalisten verunglimpften die Secession als “Assyrische Bedürfnisanstalt”. Die goldene Kuppel inspirierte die Wiener zum Spitznamen Krauthappel. Die Gemüter beruhigten sich jedoch bald wieder. Heute zählt die Secession zu den wichtigsten Bauten des Wiener Jugendstils.

NÜTZLICHE HINWEISE
Secession

1010 Wien, Friedrichstraße 12
U4-Station: Karlsplatz
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr
>>Link zur Offizielle Seite zur Secession

Wir verlassen die Secession. Vor uns liegt der Naschmarkt, der bekannteste Markt Wiens. “Bitte sehr, bitte schön” hallt es von allen Ecken. Orientalisches Temperament trifft auf osteuropäische Charmebolzen. Wiener Schmäh sucht man vergeblich. “Das Kilo Maschansker um an Zwanzger” gibt es schon lange nicht mehr. Wir schlendern vorbei an Köstlichkeiten aus aller Welt und gönnen uns eine kleine Stärkung in einem der zahlreichen Lokale. Das Ende des Markts führt uns direkt zum nächsten Ziel.

Wienzeilenhäuser von Otto Wagner

Wienzeilenhäuser von Otto Wagner

Otto Wagner plante den Wienfluss zwischen Karlsplatz und Schloss Schönbrunn vollkommen einzuwölben und einen “Prachtboulevard der Wiener Moderne” zu errichten. Die vollständige Umsetzung dieser Idee scheiterte jedoch durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs, den Tod Otto Wagners im Jahr 1918 und aus Geldmangel.

Wienzeilenhäuser von Otto Wagner

Die zwei schönsten Jugendstil-Mietshäuser von Otto Wagner zeugen noch heute von dieser Vision.

Etwas Unpraktisches kann nicht schön sein!

Otto Wagner
Majolikahaus

Beim Majolikahaus verzichtet Otto Wagner vollkommen auf Fassadenstuck. Anstelle dessen schmücken Fliesen mit prächtigen Pflanzenornamenten die Fassade. Der Vorteil von Fliesen liegt für Wagner auf der Hand. Sie sind abwaschbar und leicht zu säubern. “Die Architektur muss dem Leben moderner Menschen entsprechen”, propagiert Wagner. Dazu zählt auch Hygiene und Sauberkeit.

Wienzeilenhäuser von Otto Wagner

Vergoldete Medaillons von Koloman Moser prägen die Fassade des zweite Mietshauses. Auffällig ist auch die spektakuläre Haus-Ecklösung, die in Form eines Viertelkreises gestaltet ist. Darüber thronen auf dem Dach zwei Skulpturen, die in die Ferne rufen.

NÜTZLICHE HINWEISE
Wienzeilenhäuser von Otto Wagner

1060 Wien, Linke Wienzeile 38-40
U4-Station: Kettenbrückengasse
Öffnungszeiten: Die Häuser sind nur von außen zu besichtigen, dafür aber 24 Stunden

Uns ruft die U4. Wir fahren von der Kettenbrückengasse nach Hietzing. Nur wenige Schritte stadteinwärts trennen uns vom nächsten Ziel.

Hofpavillon Hietzing

Hofpavillon Hietzing

Otto Wagner wollte einmal in seinem Leben ein repräsentatives Bauwerk für Kaiser Franz Joseph errichten. Eine eigene Stadtbahn-Station sollte der Kaiser in der Nähe von Schloss Schönbrunn erhalten.

Hofpavillon Hietzing

Wie bei allen seiner Arbeiten plant Wagner funktionsgerecht und achtet auf jedes Detail. So stand im Warteraum des Kaisers ein Schreibtisch, damit der Monarch während der Wartezeit arbeiten konnte.

Hofpavillon Hietzing

Schon zu Kaisers Zeiten beherrschte das Gemälde “Vogelschau – Wien aus 3000 Meter Höhe” von Carl Moll den Warteraum. Es lädt uns zum heiteren „Gebäude-Erraten“ ein. Ist das die Staatsoper? Wo ist das Künstlerhaus? Auch andere Besucher spielen begeistert mit. Franz Joseph selbst nutzte den prächtig ausgestatteten “Pavillon des Allerhöchsten Hofes”  jedoch nur zweimal.

NÜTZLICHE HINWEISE
Hofpavillon Hietzing

1130 Wien, Schönbrunner Schloßstraße
U4-Station: Hietzing
Öffnungszeiten: April bis Oktober Samstag und Sonntag von 10 bis 13 Uhr und 14 bis 18 Uhr
>>Link zur Offizielle Seite zum Hofpavillon Hietzing

Wir nutzen die ehemalige Stadtbahn jetzt schon öfters als der Kaiser. Die U4 Station “Unter St. Veit” ist unser Ziel. Von dort geht es weiter mit dem Bus 47A zur Baumgartner Höhe.

Otto Wagner-Kirche am Steinhof

Otto Wagner Kirche am Monte Lemone

Unübersehbar thront die Otto Wagner-Kirche am Gallitzinberg. Die auffällige goldene Kuppel der Kirche brachte dem Gallitzinberg bald den Spitznamen “Lemoniberg” ein. Bei der Planung hatte Otto Wagner zu berücksichtigen, dass die Kirche am Gelände der modernsten Irrenanstalt von Wien um 1900 errichtet wird.

Otto Wagner Kirche am Monte Lemone

Der Architekt erarbeitete mit Ärzten der Irrenanstalt die speziellen Anforderungen an ein derartiges Bauwerk. Die Kirchenbänke durften wegen der Verletzungsgefahr keine scharfen Ecken haben. Um die die Ansteckungsgefahr mit Krankheiten zu verringern, ließ er Weihwasserbecken mit fließendem Weihwasser installieren. Sogar Toiletten plante Wagner ein. 

Otto Wagner Kirche am Monte Lemone

Bei der Gestaltung der Kirche wirkten zahlreiche Künstlerkollegen mit. Die Glasfenster entwarf  Koloman Moser, die riesigen Fassaden-Engel stammen von Othmar Schimkowitz. Vertreter des Historismus ließen kein gutes Haar am modernen Baustil der Otto-Wagner-Kirche. Sie meinten, dass “die Verrückten beim Besuch dieser verrückten Kirche noch verrückter werden würden”. Und Thronfolger Franz Ferdinand fand den Kirchenbau anlässlich der Eröffnung “Scheiße”.

NÜTZLICHE HINWEISE
Otto Wagner-Kirche am Steinhof

1140 Wien, Baumgartner Höhe 1
U4-Station: Unter St. Veit, dann mit Bus 47A bis zur Endstation Baumgartner Höhe
Zurück in die Innenstadt (Volkstheater) fährt der Bus 48A
Öffnungszeiten: Von außen ist die Kirche jederzeit zu besichtigen. Das Kircheninnere ist vom 18.3.2023 bis 29.10.2023 immer samstags von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.
Zugang: Die Kirche ist über die Steinhofgründe und auch wieder über das Otto-Wagner-Spital erreichbar.

>>Link zur Offizielle Seite zur Kirche am Steinhof
>>Noch mehr Infos im Beitrag EIN SPAZIERGANG ZUR OTTO WAGNER KIRCHE AM LEMONIBERG

Einmal Wagner geht noch. Wir spazieren vom Gallitzinberg zu den beiden Otto Wagner Villen in der Hüttelbergstrasse. Der rund 45 minütige Weg führt uns über die Sanatoriumstrasse, Dehnegasse, Rosentalgasse und Freyenthumgasse in die Hüttelbergstrasse.

Otto Wagner Villa I und II

Wagner Villa I

1888 errichtet Otto Wagner für sich und seine Familie einen prunkvollen Sommersitz in Hütteldorf. Die im Historismus geplante Villa dient Otto Wagner zu Repräsentationszwecken und als Ort legendärer Sommerfeste. Zu den gern gesehenen Gästen zählen die Künstler Gustav Klimt, Josef Hoffmann, Adolf Loos, Gustav Mahler oder die Femme Fatale Alma Mahler-Werfel.

Wagner Villa I

1911 verkauft Wagner die Villa an den Direktor des Apollo-Theaters Ben Tieber. Nach dem Krieg wäre die Villa fast ein Opfer der Spitzhacke geworden. Gerettet wird sie vom Maler Ernst Fuchs. Er kauft das Gebäude 1972 und lässt es umfassend renovieren. Heute beherbergt die Villa das Ernst Fuchs Museum mit zahlreichen Werken des 2015 verstorbenen Künstlers.

Wagner Villa II

1912 baut Otto Wagner auf dem angrenzenden Grundstück eine zweite Villa in Stahlbetonweise. Die Farben Blauweiß dominieren die Fassade. Der Architekt plant die Villa als Witwensitz für seine dritte und um zwanzig Jahre jüngere Frau Louise. Doch Wagner überlebt sie um drei Jahre. Nach ihrem Tod zieht er sich in seine Stadtwohnung in der Döblergasse 4 zurück und stirbt am 11. April 1918.

NÜTZLICHE HINWEISE
Otto Wagner Villa I und II
1140 Wien, Hüttelbergstrasse 26 und 28
Öffnungszeiten Ernst Fuchs Museum: Dienstag bis Sonntag 10:00 – 16:00 Uhr
>>Link zur Offizielle Seite zum Ernst Fuchs Museum

Über die Bujattigasse spazieren wir (Gehzeit ca 10 Minuten) zur Endstation der Straßenbahnlinie 49. Mit dem 49er geht es gemütlich in die Innenstadt zurück.

FOTOALBUM
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einem Spaziergang auf den Spuen von Ott Wagner inspirieren konnten. Noch mehr Fotos zu diesem Wiener Stadtspaziergang findet Ihr im Fotoalbum unter: JUGENDSTIL IN WIEN