ENTLANG DER MARCH ZWISCHEN ÖSTERREICH UND DER SLOWAKEI

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Altarm der March

Diese Radtour führt euch von Schloss Hof zuerst zur Rochuskapelle in Mannersdorf und dann weiter auf die slowakische Seite der March zum Ausgangspunkt zurück.

Schloss Hof

Schloss Hof

Unsere heutige Radtour startet beim prächtigen Schloss Hof, welches einst dem »edlen Ritter« Prinz Eugen gehörte. Der große österreichische Feldherr beherrschte nicht nur die Kunst des Krieges, er hat auch die noble Kunst des Schlösserkaufs perfektioniert! Wenn er nicht gerade mit dem Säbel in der Hand herumfuchtelte, beschäftigte er sich mit der lebenswichtigen Angelegenheit des Immobilienerwerbs.

Schloss Hof

Nachdem Prinz Eugen Schloss Hof erworben hatte, verwandelte er es in ein barockes Meisterwerk! Unter dem Motto » Warum nur einen langweiligen Garten haben, wenn man stattdessen eine Mini-Version von Versailles erschaffen kann« ließ der Prinz Terrassen, Treppen, Statuen und Brunnen errichten. Schon bald war Schloss Hof Schauplatz rauschender Feste und illustrer Gesellschaften.

Schloss Hof

Man tanzte Menuette unter den funkelnden Sternen, lauschte den betörenden Klängen der Kastraten und schlemmte beim Schein tausender Fackeln. Zum Schrecken der Gästeschar ließ der Prinz auch gerne seinen zahmen Löwen während des Bankettes frei herumlaufen. Nichts belebt ein mondänes Fest mehr als die Aussicht auf delikate Köstlichkeiten und gleichzeitig selbst ein »Magenratzerl« für einen Löwen zu sein.

Von Schloss Hof zum Schloss Marchegg

Denkmal König Přemysl Ottokar II von Böhmen

Nach dieser kurzen Einführung in die barocke Opulenz schwingen wir uns in den Sattel und radeln entlang des Kamp-Thaya-March-Radweges nach Marchegg, wo bereits das nächste Schloss auf uns wartet. Die Stadt und das Schloss Marchegg wurden im Jahr 1268 von König Přemysl Ottokar II von Böhmen, der der zu jener Zeit über Teile Österreichs herrschte, errichtet, um die Grenze zu Ungarn zu sichern.

Schloss Marchegg

Der böhmische König zählt wohl zu den berühmtesten Gestalten der österreichischen Geschichte. Als mächtiger böhmischer König fühlte er sich auch magisch von der römisch-deutschen Königskrone angezogen. Im Jahre 1273 stellte er sich der Wahl, doch das Schicksal hatte andere Pläne. Ausgerechnet Rudolf von Habsburg, der »ärmliche Graf«, wurde zum nächsten römisch-deutschen König gewählt. Welch Schmach und Niederlage! Nicht bereit, sich geschlagen zu geben, schlug Ottokar auf die Trommeln des Ungehorsams und verweigerte die königliche Huldigung. Ein Schachzug, der eine Kettenreaktion auslöste.

Schloss Marchegg

Zuerst verhängte Rudolf die Reichsacht über Ottokar, danach trafen sich die beiden Kontrahenten auf dem Schlachtfeld bei Jedenspeigen. Es war die größte Ritterschlacht aller Zeiten. Am Ende des Gemetzels verließ Rudolf das Feld als strahlender Sieger. Ottokar hingegen fand sein Ende auf dem Schlachtfeld. Eine Gruppe von Verrätern soll ihn vom Pferd gerissen und erschlagen haben. In den Annalen der Literatur lebt König Ottokar weiter. Franz Grillparzer, der Federmeister der Dramatik, hat ihm im Drama »König Ottokars Glück und Ende« ein literarisches Denkmal gesetzt.

Schloss Marchegg Familiengrab der Familie Pálffy

Später bekam die Burg Niklas Graf Salm für seine Verdienste um die Verteidigung Wiens gegen die Türken geschenkt, Danach ging die Burg an die Fürstenfamilie Pálffy, die diese in der Barockzeit zu einem prächtigen Schloss umbauen ließ. In einer stillen Ecke des Schlossgartens könnt ihr noch heute das Familiengrab der Pálffys besichtigen, in deren Besitz sich das Schloss bis in die dunklen 1940er Jahre befand. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss von den Russen, geplündert und schwer in Mitleidenschaft gezogen. Sein heutiges Aussehen verdankt das Schloss einer umfassenden Renovierung in den 2010er Jahren.

Von der Storchenstadt Marchegg nach Mannersdorf

Schloss Marchegg

Wir verlieren uns in den Tiefen der Geschichte. Zeit wieder in die Peale zu treten. Wir radeln weiter entlang des Kamp-Thaya-March-Radweges, der uns durch ein Naturreservat mit einer Weißstorchen-Kolonie führt. Die March-Auen sind eine der bedeutendsten Brutstätten von Meister Adebar in Mitteleuropa. Doch dazu später. Die nächsten Kilometer sind geprägt von endlosen Feldern und einer flachen, nicht sehr abwechslungsreichen Landschaft.

Wutzelburg alias Rochuskapelle

Felder im Marchland

Über Oberweiden und Zwerndorf erreichen wir Angern an der March, wo wir beim Bahnhof auf den Weinradweg »Traminer« wechseln. Von dort geht es weiter nach Mannersdorf, wo uns nach einem knackigen Anstieg auf den Kellerberg bereits die »Wutzelburg« erwartet.

Rochuskapelle

Die »Wutzelburg« ist eine Kapelle, die aufgrund der runden Form diesen Spitznamen erhielt. Die Errichtung der Kapelle, geht auf ein Gelöbnis von Freiherr Rudolf von Teuffenbach zurück. Der Feldmarschall, der im Dreissigjährigen Krieg an der Seite Wallensteins kämpfte, ließ die Kapelle aus Dankbarkeit errichten, weil seine Truppen von der grassierenden Pest verschont blieben. Das weithin sichtbares Wahrzeichen ist eines der wenigen Zeitzeugen italienischer Renaissance nördlich der Alpen.

Rochuskapelle

Gewidmet ist die Kapelle dem Hl Rochus. Seine Hilfe wurde in Zeiten der Verzweiflung angerufen, wenn die Geißel der Pest das Land in ihren Klauen hielt. Nach der Fertigstellung der Kapelle strömten schon bald »Wallfahrer diesseits und jenseits der March« hierher. Besonders an Kirchtagen pulsierte das Treiben – Wein wurde in reichen Strömen ausgeschenkt, und der Duft von gebratenem Braten, zubereitet von den kundigen »Bratlbratern«, füllte die Luft.

Mit der Fähre über die March in die Slowakei

Fähre über die March

Nachdem wir die Aussicht in jede Himmelsrichtung ausgiebig genossen haben, setzen wir unsere Reise fort. Ein kräftiger Schwung, ein leichtes Anheben der Beine, und wir finden uns wieder im Sattel unserer treuen Drahtesel.  Wir radeln nun durch Weingärten und Felder Richtung Stillfried, überqueren die Bahn und folgen dem Kamp-Thaya-March-Radweg zurück nach Angern, wo wir mit der Fähre gemütlich die March überqueren und unsere Radtour auf der slowakischen Uferseite fortsetzen.

Záhorská Ves

Záhorská Ves ist der slowakische Nachbarort von Angern, der auch nach sechs Achterl nicht den Beinamen »lieblich« verdient. Vorbei am Zollhaus, das noch den Charme und das Erbe des Ostblocks in sich trägt, durchqueren wir ein Stück den Ort und folgen anschließend dem Iron Curtain-Trail EV 13/C (rot) Richtung Vysoká pri Morave.

EV 13 Richtung Vysoká pri Morave

Die kommenden Kilometer gestalten sich als ein einsamer Ritt durch das flache Land. Schnurgerade führt uns der Radweg durch die Weiten der riesigen Felder. Das monotone Surren der Räder auf Kies oder Asphalt wird zum hypnotischen Rhythmus, der uns schnell in einen Zustand der Meditation gleiten lässt.

Vysoká pri Morave

Kirche von Vysoká pri Morave

Plötzlich durchdringt uns ein sanftes Glockenläuten, als ob ein himmlischer Wecker uns aus unserer Gedankenreise zurückrufen würde. Vor uns erhebt sich der Pfarrkirche von Vysoká pri Morave, die dem hl Apostel Andreas geweiht ist. Ihr heutiges Aussehen im neoromanischen Stil verdankt der ehemals barocke Kirchenbau einem Umbau im Jahr 1892.

Kirche von Vysoká pri Morave

Vysoká pri Morave ist nicht so bemerkenswert, wäre da nicht die Hauptstraße des Ortes, die direkt an der March entlangführt. Bis 1989 verlief hier der »Eiserne Vorhang«. Obwohl die Bezeichnung »Eiserner Vorhang« für die Grenzanlagen in Vysoká pri Morave vielleicht ein wenig übertrieben war. Ein Drahtzaun, der auf der Ufermauer entlang der Straße verlief, markierte die Grenze zwischen Ost und West. Es gab keinen ausgedehnten Grenzstreifen und die Wachtürme standen einige hundert Meter entfernt. Immer wieder versuchten Bürger an dieser Stelle in den Westen zu fliehen. Manchen gelang es, andere starben im Kugelhagel der Grenzsoldaten.

Daubelfischen an der March

Besonders spektakulär verlief die Flucht zweier DDR-Bürger. Sie parkten ihren Trabi direkt am Rande der Hauptstraße, durchschnitten den Drahtzaun vom Dach des Autos, kletterten darüber und schwammen mit Entschlossenheit und einer ordentlichen Portion Adrenalin durch die March Richtung Österreich. Dabei wurden sie aber von einer Grenzpatrouille entdeckt, die das Feuer sofort eröffnete. Trotz des heftigen Beschusses erreichten sie das rettende Ufer und erlangten ihre lang ersehnte Freiheit.

Durch das Landschaftsschutzgebiet Záhorie

Felder im Marchland

Unsere Reise führt uns weiter auf dem Radweg EV 13/C (rot) in südwestliche Richtung . Wir durchqueren dabei das Landschaftsschutzgebiet Záhorie, dessen Name zu Deutsch etwa »Land hinter den Bergen« bedeutet.

Marchauen

Die Záhorie ist geprägt durch eine harmonische Melange aus Auwäldern, weitläufigen Feuchtwiesen und landwirtschaftlich intensiv genutzten Feldern. Dazwischen ein Netz aus Altarmen der March. Für die majestätischen Weißstörche, die sich in den Nistplätzen rund um Marchegg niedergelassen haben, ist dies geradezu ein Paradies und Schlaraffenland. Hier finden sie reichlich Nahrung, von Fröschen über Heuschrecken bis hin zu Mäusen und Fischen.

Störche im Marchland

Immer wieder können wir Weißstörche beobachten, die majestätisch über die Feuchtwiesen gleiten oder sich an unvorsichtigen Feldbewohnern laben. Am besten lassen sich die Störche zwischen Ende März und Anfang August beobachten, danach treten sie wieder ihre 10.000 km lange Reise in ihre Winterquartiere nach Südafrika an.

Über die Fahrradbrücke der Freiheit zurück nach Schloss Hof

Brücke nach Marchegg

Ungefähr fünf Kilometer südlich von Vysoká pri Morave radeln wir an der im Jahr 2022 eröffneten Fahrrad- und Fußgängerbrücke »VysoMarch« vorbei, die über die March ins österreichische Marchegg führt. Wir bleiben aber noch auf der slowakischen Seite und folgen weiter dem EV 13/C (rot).

Marchauen

Die weitere Strecke ist geprägt von einer kilometerlangen Fahrt durch eine Sumpflandschaft mit wunderschönen Auwäldern, die immer wieder zu einem Fotostopp einladen. Allzu lang solltet ihr in eurer fotografischen Verzückung nicht verweilen, denn hier gibt es reichlich Gelsen. Und die gierigen Blutsauger lauern förmlich auf ihre Opfer.

Bunker an der Mach

Zum Fotografieren laden auch die kleinen Bunker ein, die ihr auf diesem Abschnitt der Radtour, entdecken könnt. Wie stumme Wächter stehen sie entlang der Strecke, als ob sie aus einer Zeitmaschine gefallen wären. Sie wurden in den 1930er Jahren errichtet, als die dunklen Wolken des Zweiten Weltkriegs schon am Horizont auftauchten. Sie sollten die damals noch junge Tschechoslowakei im Falle eines Angriffs zu schützen.

Eisenbahnbrücke über die March

Nachdem wir die historischen Bahnbrücke über die March passiert haben erreichen wir die Fahrradbrücke der Freiheit, die seit 2012 Devínska Nová Ves und Schloss Hof verbindet. Wundersam war ihre Namensfindung. Die Niederösterreicher hatten den genialen Einfall, das Bauwerk schlichtweg »Maria-Theresien-Brücke«” zu nennen, als eine Hommage an eine vergangene Ära, in der schon einmal eine Brücke über die March unter ihrer Herrschaft existierte.

Fahrradbrücke der Freiheit

Doch die Slowaken schüttelten ihre Köpfe und sagten: »Lassen wir das Volk entscheiden!« Dummerweise stellte sich als Gewinner der Internetabstimmung die Benennung nach Chuck Norris heraus. Der legendäre US-Actionfilmheld wurde schlussendlich doch nicht zum Namensgeber der Brücke ernannt. Stattdessen kamen die klugen Köpfe zusammen, schüttelten Hände und einigten sich auf den Namen »Fahrradbrücke der Freiheit«. Über die Brücke radeln wir zurück nach Schloss Hof, wo wir unsere Radtour begonnen haben.

Fazit

Eine gemütliche Radtour durch viel Natur, die entlang des Kamp-Thaya-March-Radweges, dem Traminer-Weinradweg und dem Iron Curtain-Radweg (EuroVelo 13) verläuft. Bis auf zwei kleinere Steigungen verläuft die Route größtenteils flach. Obwohl die Landschaft zum Teil recht monoton ist, hat sie doch einen gewissen herben Charme. Das große Highlight sind aber die vielen Störche, die man hier zwischen März und August beobachten kann.

FOTOALBUM
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einer Radtour entlang der March inspirieren konnten. Noch mehr Fotos zu dieser Radtour findet Ihr im Fotoalbum unter: Entlang der March zwischen Österreich und der Slowakei

Streckenplan für die Tour entlan der March

Tourdaten

Radweg-Symbol: keines, die Radtour ist keine offizielle Strecke, sie basiert vielmehr auf Teilen verschiedener Radwege (Kamp-Thaya-March-Radweges, Traminer-Weinradweg, Iron Curtain-Radweg/EV 13)

Schwierigkeit: leicht, wenn kein Wind geht

Strecke: ca 68 km  

Highlights der Strecke:

  • Schloss Hof
  • Schloss Marchegg
  • Storchenkolonie bei Marchegg
  • Rochuskapelle bei Mannersdorf an der March
  • Landschaftsschutzgebiet Záhorie

Es empfiehlt sich eine Karte der Region bzw die gps-Daten mitzunehmen.