PIESTINGTAL-RADWEG – VON WÖLLERDSORF NACH GUTENSTEIN

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Wir haben für Euch den Piestingtal-Radweg durch das wunderschöne “Biedermeiertal” von Wöllersdorf nach Gutenstein erkundet und zeigen Euch die Highlights der Strecke. Wir wandeln auf den Spuren von Ferdinand Raimund, besuchen sein Grab in Gutenstein und unternehmen einen Abstecher zu den Myrafällen.

An der Piesting

“Ich habe dich gewählt, wildschönes Tal”, so schwärmte Ferdinand Raimund vom Piestingtal.Das Piestingtal ist der Inbegriff der biedermeierlichen Idylle. Neben Raimund fanden Johannes Brahms, sowie die Maler Friedrich Gauermann und Leopold Kupelwieser hier Inspirationen für neue Werke.

An der Piesting

Als Startpunkt für die heutigen Radtour entlang des Piestingtal-Radwegs habe ich den Bahnhof Wöllersdorf ausgewählt. Von hier sind es rund 28 Kilometer nach Gutenstein.

Piestigtal-Radweg – Der schönste Biedermeier-Radweg Niederösterreichs

Logo des Radweges

Zügig geht es durch eine flache Wiesen- und Feldlandschaft nach Markt Piesting, wo das eigentliche Kernstück des Biedermeier-Radweges beginnt. Hier wurde auch der Maler Leopold Kupelwieser (Minnatal 3) geboren. Seine Hauptwerke sind religiöse Altarbilder und Portraits von Franz Schubert und dessen Freundeskreis. Das Geburtshaus befindet sich im Privatbesitz und ist nicht öffentlich zugänglich. Eine Gedenktafel erinnert jedoch an den berühmten Sohn des Ortes.

An der Piesting

In einem Bächlein helle, da schoss in froher Eil, die launische Forelle vorüber wie ein Pfeil …

Franz Schubert

Kein Wunder, dass mir am nächsten Abschnitt des Biedermeier-Radweges immer wieder “Das Lied von der Forelle” einfällt, führt doch der Radweg stets der Piesting und den Gleisen der Gutensteinbahn entlang.

Kalksinterader

In der Nähe von Waldegg entdecke ich ein einzigartiges Naturdenkmal. Es handelt sich dabei um eine Kalk-Sinterader.

Kalksinterader

Es ist dies eine “selbstaufbauende Kalkader”, die sich den Berg runterschlängelt. 60 Meter lang und 30 bis 40 Zentimeter hoch ist sie. Auf ihrem Kamm fließt in einer kleinen Rinne langsam das kalkhaltige Wasser ab und erreicht unten beim Radweg einen Brunnen. – derstandard.at/2000055540322/Niederoesterreich-Rundwanderung-im-PiestingtalDas Quellwasser schlängelt sich auf einer selbst aufgebauten “Kalk-Steinrinne” von 3 bis 4 cm Durchmesser rund 60 Meter den Berg hinunter zu einem Brunnen am Rand des Piestingtal-Radwegs. Dieses Naturphänomen erinnert ein wenig an ein Aquädukt.

Friedhof Waldegg

Kurz darauf erreiche ich den kleinen ehemaligen Friedhof von Waldegg mit dem Doppelgrabmal der Industriepioniere August und Matheus von Rosthorn. Die Familie Rosthorn gründete 1814 in Waldegg – Oed eine Blech- und Drahtfabrik, die zu den bedeutensten in Mitteleuropa zählte. Der mächtige Grabstein im neogotischen Stil ist kaum zu übersehen.

Rosthornbüste

Um 1900 errichten die Rosthorns das erste Kraftwerk für die Stromerzeugung des Piestingtales. Eine Statue mitten im Wald erinnert an die großen Leistungen der Industriellen.

An der Piesting

Nach der Ortschaft Oed, wo Johannes Brahms gerne zur Sommerfrische verweilte, führt der Radweg über eine an der Schluchtwand errichte überdachte Holzbrücke nach Pernitz.

Zwischen Pernitz und Gutenstein – Ein Abstecher zu den Myrafällen

Myrafalle

In Pernitz besteht die Möglichkeit einen Abstecher zu den Myrafällen zu unternehmen. Zuerst geht es ja noch flach dahin, dann aber steigt die Straße stetig bergauf. Nach rund 2,5 km ist der Eingang zu den Myrafällen erreicht. Schon zur Zeit des Biedermeiers waren die Myrafälle ein beliebtes Wanderziel. Eine Erinnerungstafel am Beginn der Myrafälle berichtet vom Besuch Kaiser Franz I nebst Familie. Wie lange, die kaiserliche Familie das Naturschauspiel betrachtet hat und ob sie in die Klamm eingestiegen ist, davon weiß die Chronik leider nichts zu berichten. Tatsache ist, dass Brücken und Steige erst 84 Jahre später durch den Österreichischen Touristenklub errichtet wurden.

Myrafälle-Steinwandklamm

Nach der Entrichtung eines kleinen Obolus wandere ich über zahlreiche Brücken und Stege durch die enge romantische Klamm. Rund 90 Höhenmeter muss ich auf einer Länge von rund 600 Meter überwinden. Über unzählige Kaskaden stürzt sich die Myra durch die enge Felsschlucht.

Myrafälle-Steinwandklamm

Der Aufstieg ist abwechslungsreich, aber nicht anstrengend. Rastbankerl und Informationstaferl über Geschichte, Flora und Fauna der Region laden immer wieder zum Verweilen und Lesen ein.

Myrafälle-Steinwandklamm

Nach einer knappen halben Stunde – nicht eingerechnet die zahlreichen Fotostopps – erreiche ich das Ende der Myrafälle in der Nähe vom Karnerwirt. Für einen kurzen Einkehrschwung beim Karnerwirt fehlt mir leider die Zeit und so wandere ich gleich wieder zurück. 

Der aufrechte Trangler

Der Wein erfreut des Menschen Herz!

Götz von Berlichingen, Johann Wolfgang von Goethe

Zurück in Pernitz stoße ich noch schnell mit dem “Aufrechten Trangler“ an, der mir fröhlich zuprostet. Ich schwinge mich wieder in die Pedale und weiter geht es Richtung Gutenstein.

Auf den Spuren von Ferdinand Raimund

Alles dreht sich um Ferdinand Raimund

Kurz nach Pernitz führt der Radweg direkt an der repräsentativen Raimund-Villa vorbei. Viel sieht man nicht, da das Haus hinter einem dicht verwachsenen Zaun steht. Ferdinand Raimund verbrachte hier die schönste Zeit seines Lebens. 4.000 Gulden hat ihm dieses Vergnügen gekostet. Ob sich diese Investition gelohnt hat, kann ich nicht beurteilen, da sich die Villa in Privatbesitz befindet und nicht zu besichtigen ist.

Ein Aschen! Ein Aschen!

Der Bauer als Millionär, Ferdinand Raimund

Trotzdem sollte man hier kurz verweilen und sich die Schautafeln am Rande des Radweges zu Gemüte führen. Sie sind Teil des rund 12 km langen Biedermeier Erlebniswanderwegs. Der “Aschenmann” aus Ferdinand Raimunds Theaterstück “Der Bauer als Millionär” ist das Symbol dieses Wanderwegs. Die Schautafeln vermitteln einen lebendigen Eindruck von der Zeit des Biedermeiers. Von der Lebensweise des Bürgertums bis hin zu den Themen Musik, Theater und Literatur. Und so erfahre ich, dass die berühmte Tänzerin Fanny Elssler mit ihrem berühmten Cachucha – einem andalusischen Tanz – die Herzen des Wiener Publikums eroberte.

Gutenstein und Ferdinand Raimund

Gutenstein

So, nun aber flott nach Gutenstein. Hier erwartet uns neben einem kleinen Raimundmuseum auch die letzte Ruhestätte von Ferdinand Raimund am Bergfriedhof der Gemeinde.

Raimund Museum, Gutenstein

Nach kurzer Suche stand ich ehrfürchtig vor dem Grab des berühmten Schriftstellers. Das Ende seines Lebens war durchaus theatralisch. Jahrelang wurde Raimund von dem Wahn verfolgt, dass er von einem tollwütigen Hund gebissen werden könnte. 1836 ging dieser Albtraum in Erfüllung.

Grab von Ferdinand Raimund in Gutenstein

Hals über Kopf brach er nach Wien auf, um sich von seinem Arzt untersuchen zu lassen. Ein schweres Gewitter zwang ihn aber zur Übernachtung im Pottensteiner Gasthaus „Zum goldenen Hirschen“, wo es jedoch zur Tragödie kam. Raimund jagte sich gegen Morgen eine Kugel in die Mund. Doch er war ein miserabler Schütze. Schwerverletzt überlebte er den Selbstmordversuch noch vier Tage lang. Dann schloss er für immer die Augen.

Wallfahrtskirche Mariahilfberg

Für wahre Raimund-Fans bietet sich noch ein Besuch von Raimunds Lieblingsplatzerl in Gutenstein an. Vom Bergfriedhof führt eine Straße weiter bergauf zur Wallfahrtskirche am Mariahilfberg. Hier soll Raimund hinaufgewandert sein und den Ausblick genossen haben.

Bäume

Von hier trete ich wieder die Reise zurück nach Wöllerdorf an. Alternativ kann man natürlich auch den Zug vom Bahnhof Gutenstein nehmen, wenn man den gleichen Weg nicht zweimal fahren will oder wenn die Müdigkeit die Oberhand gewinnt.

Streckenplan

Tourdaten

Logo des Radweges

Radweg-Symbol: Radweg Nr 43 bzw grünes Schild mit einem Trachtenpärchen und der Aufschrift Biedermeier Erlebnisweg.

Schwierigkeit: leicht, immer entlang der Piesting bzw leichter Anstieg zu den Myrafällen

Strecke: ca 28 km (eine Richtung) + 5 km Umweg Myrafälle

Highlights dieser Tour:

  • Pernitz (Myrrafälle)
  • Gutenstein, Bergfriedhof mit Grabmal von Ferdinand Raimund, Raimundmuseum
  • Waldegg, Kalksinterader

Der Weg ist sehr gut ausgeschildert und auch familienfreundlich.