Diese rund sieben Kilomter lange Rundwanderung im Süden Wiens führt Euch zu – fast – unbekannten Kleinoden. Ihr besucht die Wotrubakirche, wandelt auf den Spuren des Dichters Hugo von Hofmannsthal und entdeckt die vielleicht romantischste Hochzeitskirche Wiens. Zurück zum Ausgangspunkt geht es über den Zugberg und Kalksburg.
Wotrubakirche am Georgenberg
Wir starten unsere Wanderung am Georgenberg. Genauer gesagt an jenem Ort, wo sich 152 Betonblöcke wild aufeinander türmen. Die in den 1970er Jahren im Stile des Brutalismus errichtete Wotrubakirche zieht noch heute Ausflügler und Kunstinteressierte an.
Diesen außergewöhnlichen Kirchenbau verdanken wir dem Bildhauer Fritz Wotruba, der die Pläne für »das Bollwerk aus Beton« lieferte und Margarethe Ottilinger, deren Schicksal noch heute betroffen macht. Sieben Jahre verbrachte sie in russischen Straflagern. 1948 wurde die damals junge Sektionschefin an der Zonengrenze von den Russen verhaftet und wegen Spionage zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt.
Mysteriös waren die Umstände ihrer Verhaftung. Es wurde vermutet, dass ihr Chef, Minister Peter Krauland, eine lästige Mitwisserin loswerden wollte. Krauland soll sowohl Russen als auch die Amerikaner mit geheimen Informationen versorgt haben und öffentliche Gelder abgezweigt haben. Genug der Geschichte, wandern wir los.
Durch die Weingärten
Von der Wotrubakirche geht es über die Rysergasse und die Anton Krieger Gasse in die Weixelbergergasse, die entlang des Michaelerwaldes verläuft. Am Ende der Weixelbergasse folgen wir einem Wanderpfad für ein kurzes Stück durch den Michaelerwald, der uns zu einem Weingarten in Südlage führt.
Über die Weinstöcke hinweg bietet sich ein herrlicher Blick auf den Perchtoldsdorfer Wehrturm und die Rodauner Bergkirche.
Kalksburger Friedhof
Zwischen den Weinreben geht es hinunter in den Zemlinskygraben, der uns direkt zum Kalksburger Friedhof bringt. Hier befindet sich das Grab des Dichters Hugo von Hofmannsthal, der gemeinsam mit Max Reinhart die Salzburger Festspiele 1920 in Leben rief.
Die Aufführung von Hofmannsthals »Jedermann« zählt noch heute zum Höhepunkt jeder Festspielsaison. Das Ende des Schriftstellers des Fin de Siècle und der Wiener Modern war tragisch. Hofmannsthals Sohn Franz beging 1929 Selbstmord. Als Hofmannsthal zwei Tage später zum Begräbnis seines Sohnes aufbrechen wollte, erleidet er einen Schlaganfall und stirbt.
Wenige Tage nach dem Tod von Hofmannsthal notiert sein Freund Arthur Schnitzler in sein Tagebuch »Der größte Dichter dieser Zeit ist mit ihm dahin«.
Entlang der Liesing
Wandern wir weiter. Über die Willergasse erreichen wir die Liesing, der wir für ca 400 m flussaufwärts folgen. Genau vis-à-vis einer Nepomukkapelle –Höhe Ketzergasse 473- stand bis in die 1960er Jahre das Gasthaus Stelzer. Am Beginn des 19. Jhdt war das Stelzer mit dem zugehörigen Thermalbad ein beliebtes Ausflugsziel.
Außer einer Gedenktafel erinnert nichts mehr an das »Wirtshaus von Österreich«, welches als Treffpunkt der Wiener Gesellschaft weithin bekannt war. Wo einst Tratsch und Klatsch ausgetauscht wurde, steht heute eine Wohnhausanlage. Kurz noch was zur Ketzergasse. Sie ist mit ca 5,3 km Länge eine der längsten Gassen Österreichs.
Hofmannsthal-Schlössl
Vom Stelzer ist es nur ein »Hupfer« bis zum Hofmannsthal-Schlössl. Das prächtige barocke Schlössl wurde 1724 für die Familie Trautson errichtet. Kaiserin Maria Theresia kaufte es einige Jahre später und schenkte es ihrer Vertrauten Gräfin Karoline von Fuchs-Mollard. Die Gräfin ging in die Geschichte ein, da sie auf Wunsch vor Maria Theresia als einzige Nicht-Habsburgerin in der Kapuzinergruft beigesetzt wurde.
Im Jahr 1901 mieteten sich Hugo von Hofmannsthal und seine Frau Gerty im Schlössl ein und bewohnten es bis zu seinem Tod im Jahr 1929. Hier empfingen die Hofmannnsthals zahlreiche prominente Gäste aus der Zeit des Fin de Siecle – von Schnitzler, Werfel oder Zweig bis zu Alma Mahler, Reinhardt oder Rilke.
Bergkirche Rodaun
Hoch über Rodaun und dem Hofmannsthal-Schlössl thront die barocke Bergkirche Rodaun, die als eine der schönsten Hochzeitskirchen Wiens gilt. Errichtet wurde die Kirche 1745 durch die damalige Besitzerin der Herrschaft Rodaun, Eleonore von Sauberskirchen. Damit erfüllte sie eine testamentarische Verfügung ihrer Mutter.
Wir genießen kurz noch die besondere Stimmung an diesem schönen Platzerl und folgen danach dem Wienwanderweg Nummer 6 in den Wald Richtung Zugberg.
Am Zugberg
Nach einem kurzen Anstieg wandern wir einen Höhenweg entlang mit Ausblicken auf Kalksburg und den Steinbruch am Bierhäuslberg. Bereits nach 700 Meter könnt Ihr Euch schon wieder von den Anstrengungen erholen. Ein idyllischer Rastplatz mit Tisch und Bänken in einem der wenigen Föhrenwälder Wiens lädt für eine Pause ein.
Danach geht es steil bergab zur Mauer des Kollegiums Kalksburgs. Wir folgen nun der Mauer in östliche Richtung bis wir wieder die Ketzergasse erreichen.
Kalksburg
Wir spazieren nun entlang der Promenadengasse, vorbei an imposanten Villenbauten bis zur Mackgasse. Von hier ist schon unser nächstes Ziel zu sehen, die Kirche von Kalksburg.
Die Kirche von Kalksburg ist eng mit dem Namen Franz Mack verbunden. Der aus einfachen Verhältnissen stammende Franz Mack, brachte es als Hof-Kammerjuwelier mit engen Beziehungen zu Kaiserin Maria Theresia zu einem Vermögen. Berühmt waren seine vollendeten Goldschmiede- und Juwelierarbeiten.
Mack kaufte 1790 die Herrschaft Kalksburg, ließ die Kalksburger Pfarrkirche errichten und den Kalksburger Friedhof anlegen. Die 1801 eingeweihte Pfarrkirche im klassizistischen Stil gilt als die die schönste »Dorfkirche« Österreichs. Sehenswert ist das Bild »Christus in Fesseln« vom berühmten Barockmaler Paul Troger.
In der Klausen
Machen wir uns auf zur letzten Etappe. Von der Kirche ausgehend führt bereits seit dem Mittelalter der Straßenzug »In der Klausen« von Kalksburg nach Mauer durch den Maurer Wald.
Hier befinden sich eine vermutlich in der zweiten Hälfte des 18. Jhdt erbaute ehemalige Poststation, mehrere Wohngebäude aus dem 19. Jhdt sowie das ehemalige Mack’sche Stiftungshaus, das Ende des 18. Jhdt errichtet wurde. Ein Hauch von Nostalgie kommt auf. Die Häuser erinnern an jene Zeit als man noch nach Reichenau oder Ischl auf Sommerfrische fuhr.
Sternengarten am Georgenberg
Nach rund 1,4 km weisen uns die weithin sichtbaren, 17 Meter hohen Masten des Sterngartens am Georgenberg den Weg. Sie sind Teil eines Freilichtplanetariums, wo jedermann tagsüber den jahreszeitlichen Höchststand der Sonne beobachten kann und nachts den Sternenhimmel. Sehenswert ist auch die begehbare Sonnenuhr.
Dort wo sich heute der Sternengarten befindet, wurde nach dem Anschluss Österreichs mit dem Bau einer Luftnachrichtentruppen-Kaserne begonnen. Kriegsbedingt wurden die Arbeiten an der Kaserne 1941 eingestellt. Nach 1945 nutze die Rote Armee die halbfertige Kaserne zu Wohnzwecken. Vier Jahre später wurde sie auf Betreiben der Besatzungsmächte abgetragen.
Nach rund 100 Meter habt Ihr wieder unseren Startpunkt bei der Wotruba-Kirche erreicht. Wir wünschen Euch viel Spass beim »Nach«Wandern.
FOTOALBUM
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einer Wanderung durch den 23. Wiener Gemeindebezirk inspirieren konnten. Noch mehr Fotos zu dieser Wanderung findet Ihr im Fotoalbum unter: VON DER WOTRUBAKIRCHE ZUR RODAUNER BERGKIRCHE