Begleitet uns auf eine zauberhafte Reise durch das südliche Portugal in die Provinz Alentejo, wo sich die Hügel in sanften Wellen erstrecken und die kleinen Städte mit ihren weiß getünchten Häusern anmutig in der Landschaft ruhen.
Die Provinz Alentejo präsentiert sich mit Hügeln, die sich behutsam über das Land erstrecken. Olivenbäume und Korkeichen schaffen ein malerisches Bild, durchbrochen von grünen Wiesen und friedlich grasenden Schafen. Auf den Strommasten haben Störche ihre Nester errichtet.
Dazwischen liegen kleine Städte und verträumte Dörfer mit ihren weiß getünchten Häusern. Um Schnitzler zu zitieren, der Alentejo ist ein weites Land. Idealer Ausgangspunkt für eine Rundreise durch den Alentejo ist Évora.
Évora, die Hauptstadt des Alentejos
Évora, die Hauptstadt des Alentejo, lädt zum gemächlichen Erkunden zu Fuß ein. Wir schlendern durch ein Labyrinth von engen, kopfsteingepflasterten Gassen, vorbei an Kirchen und kleinen Palästen.
Auffallend sind die weißen Hausfassaden, die meist mit einem gelben Streifen verziert sind. Gerüchteweise sollen die Zierstreifen böse Geister vom Betreten des Hauses abhalten. Man stelle sich vor, wie die Geister vor diesen gelben Barrikaden stehen, sich unentschlossen die unsichtbaren Bärte kratzen und dann beschließen zu einem anderen Haus weiterzuziehen.
Praça do Giraldo
Unser Stadtspaziergang beginnt am von Arkaden gesäumten Praça do Giraldo. Dieser Platz, das Herz der Stadt, ist ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. Ältere Herren tauschen im Schatten der Arkadenbögen die letzten Fußballergebnisse aus, während die Jugend auf den Steinbänken des Renaissance-Brunnens sitzt und den Klängen von Straßenmusikern lauscht. Cafés mit Blick auf wunderschöne Hausfassaden und die Kirche de Santo Antão laden zum Verweilen ein.
Es ist schwer zu glauben, dass auf diesem historischen Platz die Inquisition grausame Prozesse veranstaltete und Ketzer verbrennen ließ. Benannt ist der Platz nach dem erbarmungslosen Ritter Giraldo, der mit List und Tücke 1165 die Stadt von den Mauren befreite. Mit einem charmanten Lächeln und einer Prise Romantik erobert Giraldo das Vertrauen der Tochter des Sultans. Als diese, in Erwartung eines romantischen Abends, Giraldo ein kleines Stadttor öffnete, drangen seine Männer in die Stadt ein und töteten jeden, der sich in den Weg stellte. Seiner Geliebten schnitt er gnadenlos die Kehle durch.
Kathedrale von Évora
Unser Spaziergang führt uns weiter zur majestätischen Kathedrale von Évora. Die ungleichen, wehrhaften Türme und das reich verzierte Kirchenportal zeugen von einer bewegten Vergangenheit.
Doch nicht nur die Innenausstattung der Kathedrale fasziniert uns, sondern auch die Terrasse auf dem Dach, von der aus wir einen atemberaubenden Blick auf Évora und die umliegende Landschaft genießen können.
Tempel der Diana
Phönizier, Griechen, Römer oder Mauren – sie alle kamen nach Évora. Die Römer hinterließen der Stadt einen Tempel mit mächtigen korinthischen Säulen. Einer mittelalterlichen Kulturbarbarei ist es zu verdanken, dass der Tempel noch heute existiert. Nachdem man die Säulenzwischenräume zugemauert hatte, diente der Tempel für Jahrhunderte als Schlachthaus. Erst 1870 entdeckte man das architektonische Juwel, wieder und gab ihm seine ursprüngliche Gestalt zurück.
Évora ist es gelungen, den Platz der Vergangenheit zu schützen, ohne der Gegenwart Raum zu nehmen!
Jose Saramago, Die portugiesische Reise
Wir spazieren weiter durch die kopfsteingepflasterten, verwinkelten Gassen der Altstadt und entdecken dabei das malerische “Masken-Gässchen” und die Renaissance-Kirche da Graça mit ihren muskulösen Figuren, die einen Globus bewachen. Unser nächstes Ziel ist die Capela dos Osso.
Capela dos Osso
Grausames haben wir heute schon gehört. Kommen wir zum Makaberen, der Capela dos Osso. Als Wiener ist man dem Morbiden gegenüber sehr aufgeschlossen und so gehört der Besuch der Knochenkapelle zur Pflicht.
Wir, die hier versammelten Knochen, warten auf die eurigen!
Inschrift in der Knochenkapelle
Franziskaner haben die Kapelle errichtet und dafür die Gebeine aus den Gräbern aufgelassener Friedhöfe zusammentragen. In meinem Kopf beginnt ein Film abzulaufen. Ich sehe einen Mönch, der einen passenden Armknochen für ein Loch in der Wand sucht. Zwei andere Mönche konstruieren aus Schienbeinknochen ein Gewölbe. Ein vierter Mönch hält wie Hamlet einen Totenschädel in der Hand und erzählt makabre Witze. Filmriss …!
Aquädukt von Évora
Baugrundstücke waren stets rar in Évora. Jeder noch so schmale Bauplatz wurde für den Wohnbau genutzt. Kein Wunder also, dass sogar die Bögen des Aquädukts verbaut wurden. Ob die Bewohner dieser Häuser, aufgrund der “Wasserader” vermehrt an Schlafstörungen oder Migräne leiden, entzieht sich unserer Kenntnis und ist auch völlig belanglos.
Von Burg zu Burg im Alentejo – Castelo de Vide, Marvão, Évoramonte
Jedes Dorf im Alentejo, das etwas auf sich hält, wird von einer mächtigen Burganlage überragt. Und davon gibt es wahrlich zahlreiche.
Castelo de Vide
In Castelo de Vide führen steile, kopfsteingepflasterte mittelalterliche Gässchen hinauf zur Burg. Die Fenstersimse der Häuser sind liebevoll mit Blumen geschmückt. Vor den Eingängen der Häuser pflegen die Bewohner ihre Topfpflanzen mit liebevoller Hingabe.
In mikrogroßen Vorgarten werden Rosen und Oleander gezüchtet. Es herrscht ein regelrechter Wettbewerb um den schönsten Blumenschmuck. Es ist, als ob die Bewohner von Castelo de Vide eine stille Vereinbarung haben, die Stadt in ein lebendiges Blumenmeer zu verwandeln.
Große Sehenswürdigkeiten hat Castelo de Vide nicht zu bieten. Der Reiz liegt vielmehr an der Atmosphäre und am Verborgenen, wie beispielsweise im alten jüdischen Viertel, wo Portugals älteste Synagoge steht. Der Aufstieg zur Burg mag anstrengend sein, aber der mühsame Weg wird durch den grandiosen Ausblick von den Zinnen wettgemacht.
Marvão
Die Festung von Marvão zählt zweifellos zu den schönsten Burganlagen des Alentejo. Wie ein Adlerhorst thront die alte Festungsstadt auf einem steil abfallenden Bergrücken, und Burg und Stadtmauern scheinen förmlich aus dem Felsen zu wachsen.
Aus Spanien kommen keine guten Winde und keine guten Heiratskandidaten
Altes portugiesisches Sprichwort
Das Dorf ist auch heute noch komplett von einer Befestigungsmauer umgeben. Schmale, steile, aber äußerst romantische mittelalterliche Gassen führen hinauf zur Festung, wo wir vom Bergfried einen Panoramablick erleben, der fast die ganze Welt umspannt – behauptet zumindest der portugiesische Schriftsteller José Saramago.
Évoramonte
Hoch auf einem Hügel gelegen, dominiert das Kastell von Évoramonte die umliegende Landschaft. Sein Aussehen erinnert uns an vier Flaktürme aus dem Zweiten Weltkrieg. Doch tatsächlich reicht die Geschichte dieser Befestigungsanlage bis in die Zeit der Renaissance zurück.
Klein aber fein, der von einer Stadtmauer geschützte alte Ortskern mit seinen flachen weißen Häusern.
Elvas
Elvas ist die Stadt der außergewöhnlichen Bauwerke, wo Geschichte in den Stein gemeißelt ist und jede Straße eine Erzählung birgt. Bereits auf der Fahrt ins Stadtzentrum sticht uns das Amoreira-Aquädukt ins Auge, ein prachtvolles Zeugnis jahrhundertelanger Baukunst. Über 100 Jahre dauerte es, bis das 8,5 km lange, teilweise vierstöckige Meisterwerk mit seinen 843 Bögen vollendet war. Noch heute versorgt es Elvas mit frischem Trinkwasser. Doch der Stolz auf dieses Bauwerk hatte seinen Preis – die Einwohner finanzierten es nicht nur mit Geduld, sondern auch durch eine besondere Steuer.
Am zentralen Praça da Republica angekommen, fällt der Blick auf das auffällige schwarz-weiße Mosaik, das den Platz ziert und an die 3D-Suchbilder der 90er Jahre erinnert. Die Kathedrale lädt zu einer Besichtigung ein.
Der eigentliche Grund unseres Besuchs in Elvas liegt auf einer Anhöhe, wo sich eines der größten erhaltenen Bollwerk-Befestigungsanlagen der Welt erhebt. Durch seine Grenzlage war Elvas stets Schauplatz zahlreicher blutiger Auseinandersetzungen zwischen Portugiesen und Spanier. Die strategisch wichtige Lage von Elvas führte zur Errichtung von mächtigen Befestigungsanlagen zum Schutz der Grenze.
Das sehenswerte Bollwerk Graça befindet sich rund einen Kilometer von Elvas entfernt. Die Planung dieser mächtigen Befestigungsanlage mit drei Verteidigungsmauern und zwei tiefen Gräben übernahm der deutsche Graf Wilhelm Friedrich Ernst zu Schaumburg-Lippe. Der Mann mit dem wohlklingenden Namen und einem Faible für strategische Bauwerke stand im Dienst des berühmten Marquês de Pombal. Schaumburg-Lippe schuf mit deutscher Gründlichkeit eine uneinnehmbare Festung mit einem zackenförmigen Grundriss.
Unser Spaziergang durch das Bollwerk führt uns durch Kasernen, Pulvermagazine, Lagerhäuser, Zisternen und Offiziersquartiere. Das zweistöckige Gouverneurshaus im Rokokostil belohnt unsere Entdeckungsreise mit einem atemberaubenden Panoramablick bis nach Spanien. Hier, inmitten dieser eindrucksvollen Befestigungsanlage, spüren wir die Geschichten vergangener Schlachten und die strategische Bedeutung, die Elvas im Laufe der Jahrhunderte geprägt hat.
Zeugen der Geschichte – Von Mauren und Römern
Für viele Jahre herrschten Römer und Mauren im Alentejo und ihre Spuren sind heute noch mancherorts sichtbar.
Monsaraz – Das weiße Dorf an der Grenze
Zu den sehenswerten Orten im Alentejo zählt auch das an der spanischen Grenze liegende Bergstädtchen Monsaraz. Vollständig von einer mächtigen Stadtmauer umgeben stört kein Autoverkehr die mittelalterliche Idylle – nur Gaukler, Spielleute und fahrende Händler fehlen.
Die kopfsteingepflasterten Gassen wirken verlassen, als hätte die Pest die Einwohner dahingerafft. Nur wenige Touristen haben sich heute nach Monsaraz verirrt. Sie tauchen nur dann auf, wenn wir fotografieren wollen. Und dann stehen sie nutzlos, wie zur Salzsäule erstarrt, vor dem Objekt der Begierde herum. Denn genau in diesem Moment müssen WhatsApp-Nachrichten gecheckt oder verschickt werden. Oder sie telefonieren endlos mit der Urstrumpftante.
Kleine, strahlend weiß gekalkten Häuser mit ihren Außentreppen und schmiedeeisernen Balkonen prägen den Ort. Hier findet man keine riesigen Klöster oder prächtige Paläste. Monsaraz hat viel Flair und zählt zu den ältesten und besterhaltenen historischen Orten des Alentejo. Bereits zur prähistorischen Zeit besiedelt, folgten später Römer, Westgoten und die Mauren.
Die maurische Herrschaft endete erst, als Ritter Giraldo, der Furchtlose die Stadt für den portugiesischen König zurückeroberte. Ob er mit einer ähnlichen List, wie in Évora vorging, ist nicht bekannt, wäre aber denkbar.
Unschuldiges maurisches Mädchen verliebt sich in feindlichen Spion, der ihr die große Liebe vorgaukelt. Sie öffnet ihm eine Pforte in der Stadtmauer. Er schiebt sie beiseite, dringt mit seinen Männern ein und metzelt alle Feinde nieder, inklusive der nun nicht mehr unschuldigen Maid – ein klassisches Drama!
Zeitsprung, rund 200 Jahre später. Nach der Auflösung des Templerordens durch den Papst und der brutalen Verfolgung der Templer in Frankreich, flohen die Überlebenden nach Portugal. Der portugiesische König gewährte den kampferprobten Männern Asyl in der Burg von Monsaraz. Als Dank für die neue Heimat sicherten die Templer dem König die Grenze zu Spanien. Und da die Templer ein PR-Problem hatten, sagten sie einfach “Wir sind ab heute die Christusritter”. Genial, oder?
Auf keinem Fall sollte man den außergewöhnlichen Panoramablick von der Burgmauer versäumen, denn dieser ist wahrlich atemberaubend.
Moura – Eine tragische Liebesgeschichte
Die Mauren sind im Alentejo allgegenwärtig. In der Stadt Moura erinnert noch das Stadtviertel Mouraria mit seinen niedrigen weißen Häusern und dem reichlichen Blumenschmuck an die maurische Vergangenheit.
Der Name Moura – die Maurin – geht auf die tragische Geschichte der Maurin Salúquia zurück. Am Vorabend ihrer Hochzeit wurden Salúquias Bräutigam und seine Entourage kurzerhand aus dem Leben katapultiert. Als wäre das nicht genug, verkleideten sich die Portugiesen dann auch noch als maurische Hochzeitsgäste, um unbemerkt in die Stadt einzudringen und diese zu erobern. Um der Gefangennahme zu entgehen, entschied sich Salúquia für einen dramatischen Abgang von dieser Welt und stürzte sich von den Zinnen der Stadtmauer. Eine echte Tragödie, die so herzzerreißend ist, dass selbst die Tauben auf den Dächern weinten. Das Stadtwappen von Moura erinnert bis heute an diese Legende.
Mertolá
Mertolá ist ein weiterer Ort mit maurischer Vergangenheit. Die Kirche von Mertolá war einst eine waschechte Moschee, von wo die Muezzine ihre Gebetsrufe zum Besten gaben. Als die Christen die Stadt zurückzueroberten, handelten sie mehr als nachhaltig: “Warum die Moschee abreißen, wenn ein kleiner Umbau reicht”. Also haben sie einen Altar vor die nach Mekka ausgerichtete Gebetsnische geschoben und fix noch ein Kreuz errichtet. Schwupps, war der Glaubenswechsel vollzogen!
Beja
Schon lange vor den Mauren fielen die Römer in Portugal ein. Nach dem einen oder anderen Scharmützel mit lusitanischen Stämmen, unterzeichnete Julius Cäsar in Beja einen Friedenvertrag mit den rebellischen Einheimischen.
Und nachdem sich die Bewohner Bejas noch heute gerne an diesen Tag erinnern, findet jährlich das “Festival Beja Romana” statt. Da werfen sich die Einwohner in ihre besten Togas und Lorbeerkranz-Accessoires, um einen Umzug in römischer Manier abzuhalten.
NOCH MEHR FOTOS ZUR INSPIRATION?
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einer Reise durch den Alentejo inspirieren konnten. Noch mehr Fotos aus dieser Provinz Portugals findet Ihr im Fotoalbum unter: ALENTEJO – BURGEN, RÖMER UND SCHNEEWEISSE DÖRFER