BAHNWANDERWEG – VOM KURORT SEMMERING NACH PAYERBACH

  • Beitrags-Autor:
Der 20 Schilling Blick

Der Bahnwanderweg Semmering bietet spektakuläre Ausblicke auf Viadukte und Natur entlang der Semmeringbahn – ein Highlight für Wanderer und Eisenbahnfans.

Bahnwanderweg Semmering

Unser heutiger Wandervorschlag führt Euch auf den Semmering, wo der »Bahnwanderweg Semmering« seinen Ausgang nimmt. Dieser bietet viele wunderschöne Ausblicke auf die Wiener Alpen und auf die legendäre Semmering-Bahnstrecke, die Mitte des 19. Jahrhunderts Geschichte schrieb.

Viadukt Kalte Rinne
Semmeringbahn, eine technische Meisterleistung – Viadukt Kalte Rinne

Die unter der Leitung von Carl Ritter von Ghega errichtete Bahnstrecke über den Semmering gelten bis heute als technische Meisterleistung der Eisenbahngeschichte. Die 42 km lange Bahnstrecke zwischen Gloggnitz und Mürzzuschlag überwindet eine Höhendifferenz von 459 m und wird geprägt von 14 Tunneln, 16 Viadukten und über 100 Steinbrücken.

Nostalgie am Bhf Payerbach
Nostalgie am Bahnhof Payerbach

Mit dem Auto geht es zuerst zum Bahnhof Payerbach-Reichenau und anschließend mit dem Zug weiter zum Bahnhof Semmering. Wir empfehlen Euch in Fahrtrichtung links zu sitzen, ihr den besten Ausblick auf der Bahnfahrt genießen könnt.

Semmering

Ghegadenkmal am Beginn des Bahnwanderwegs
Ghega-Denkmal am Beginn des Bahnwanderwegs

Am Bahnhof Semmering angekommen, solltet ihr noch einen kurzen Blick auf das Denkmal zu Ehren des Erbauers der Semmeringbahn werfen, das in Form eines überlebensgroßen Porträt-Medaillons gestaltet ist. 1854, nach nur sechs Jahren Bauzeit, war Ghegas mutiges Eisenbahnprojekt vollendet. Am 16. Mai 1854 ließen es sich Kaiser Franz Joseph, Kaiserin Sisi und natürlich Ghega selbst nicht nehmen, an einer exklusiven Probefahrt teilzunehmen, bevor die erste vollspurige Bergbahn Europas zwei Monate später feierlich eröffnet wurde.

Kurort Semmering

Hotel Panhas
Hotel Panhans am Semmering

Da der Bahnwanderweg den Kurort umgeht, aber eine Entdeckungstour durch die alten k.u.k. Sommerfrische jedoch empfehlenswert ist, folgen wir zuerst ein Stück dem steirischen Teil des Bahnwanderweges, der uns über einige Kehren zum Fürstenhofweg und die Hochstraße führt.

Hinweis:
Einen detaillierten Rundgang durch den Kurort Semmering mit vielen Hintergrundgeschichten findet ihr im Beitrag SEMMERING – ALTE VILLEN, DREI GRANDHOTELS UND DER 20 SCHILLING-BLICK

Vom Panhans zum Südbahnhotel

Der ehemalige Corso
Die Hochstraße – die einstige Flaniermeile

Wir flanieren die Hochstraße entlang, die noch heute das legendäre Hotel Panhans mit dem Südbahnhotel verbindet. Das Panhans zählte einst zu den größten und luxuriösesten Grandhotels Europas vor dem Ersten Weltkrieg. Entlang der Hochstraße informieren Schaukästen über die Geschichte des Semmerings und lassen die glanzvolle Zeit des Fin de Siècle lebendig werden, als Adel und Großbürgertum zur Sommerfrische auf den »Zauberberg« reisten.

Villenspaziergang am Semmeringa am
Villa aus der Zeit der Jahrhundertwende

Der Aufstieg des Semmerings zu einem der bekanntesten Erholungsorte der Donaumonarchie begann mit der Eröffnung der Semmeringbahn und dem Bau des Südbahnhotels im Jahr 1882, das schon bald von der gut situierten Wiener Gesellschaft regelrecht gestürmt wurde.

Nostalgie an der Hochstraße
Die guten Zeiten sind vorbei

Der Niedergang als Sommerfrische setzte mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich ein. Als in den 1960er Jahren die Menschen lieber nach Bibione, Caorle oder Lignano in den Urlaub fuhren, verfiel der Semmering endgültig in einen Dornröschenschlaf, was an mancher Geschäftsfassade unschwer zu erkennen ist.

Südbahnhotel
Das Südbahnhotel

Das weithin sichtbare Südbahnhotel mit seiner auffälligen grünen Dachlandschaft, den Zwiebeltürmchen und den bedachten Rauchfängen galt einst als das Wahrzeichen der Semmering-Region. Um die Jahrhundertwende war das auf genau 1.000 Metern Seehöhe erbaute »Palasthotel« eines der führenden Luxushotels Europas. Schon bald nach seiner Eröffnung im Jahr 1882 zog das Hotel aristokratische Kreise, das vermögende Bürgertum und exzentrische Zeitgenossen an.

Südbahnhotel
Das Südbahnhotel

In einem Bonmot hieß es, »Wer die roten Sisalläufer der Bel Etage betrat, war entweder der Crème de la Crème der Gesellschaft zuzurechnen oder Zimmerkellner«. Trotz seines fortschreitenden Verfalls strahlt der schlossartige Bau noch immer die Eleganz der Jahrhundertwende aus. Wie auch die anderen Grandhotels am Semmering geriet das Südbahnhotel in den Nachkriegsjahren in massive wirtschaftliche Schwierigkeiten, sodass in den 1970er Jahren ein Teil des Gebäudes in Eigentumswohnungen umgewandelt und das Hotel selbst geschlossen wurde.

Skulpturenpark Semmering

Skulpurenpark
Skulpturenpark am Bahnwanderweg

Nachdem wir das Hotel von allen Seiten ausgiebig betrachtet haben, folgen wir den Wegweisern Richtung Doppelreiterwarte und 20-Schilling-Blick, die uns durch einen schattigen Wald zum Skulpturenpark führen, wo Werke des Künstlers Ignaz Semlitsch ausgestellt sind, die er aus verschiedenen Metallen und Acryl geschaffen hat. Beim Skulpturenpark treffen wir auch wieder auf den Bahnwanderweg, der uns zum dritten großen Grandhotel der Jahrhundertwende führt.

Kurhaus Semmering

Kurhaus Semmering
Kurhaus Semmering

Das 1909 eröffnete Kurhaus Semmering galt als Inbegriff einer eleganten Kuranstalt, wie sie Thomas Mann in seinem »Zauberberg« beschrieb. Errichtet nach den Plänen der Architekten Krauß und Tölk, bot das Nobelquartier am Wolfsbergkogel medizinisch verordnete Liegekuren in frischer Höhenluft und einen atemberaubenden Blick auf den Sonnwendstein. Doch mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 begann der Niedergang des Kurhauses. Zunächst als Wehrmachtlazarett genutzt, diente es später als Unterkunft für die russische Besatzungsmacht. Danach verfiel es in einen Dornröschenschlaf.

Doppelreiterwarte

Ausblick auf Rax und Schneeberg
Blick auf die Rax von der Doppelreiterwarte

Ein leicht ansteigender Waldpfad führt uns zuerst zu einem Aussichtspunkt mit herrlichem Blick auf den Kurort Semmering und anschließend zu der im Jahr 1910 errichteten Doppelreiterwarte. Von der Aussichtsplattform bietet sich ein hervorragender Rundblick über die Weinzettelwand, Rax und Schneeberg.

Weinzettelwand
Blick auf die Weinzettelwand

Die 300 Meter hohe und rund 1.200 Meter lange Weinzettelwand galt als das größte Hindernis beim Bau der Semmeringbahn. Ursprünglich plante Ghega die Trasse der Bahn außen an der Steilwand entlangzuführen. Doch nach einem Felssturz, bei dem 14 Bergleute starben, musste Ghega die Trasse umplanen und ins Berginnere verlegen.

Der legendäre 20 Schilling Blick

Der 20 Schilling Blick
Highlight am Bahnwanderweg – Der 20 Schilling Blick

Nachdem wir einen kurzen, steilen Pfad über Stock und Stein überwunden haben, geht es am Bahnwanderweg gemütlich durch einen dichten Wald weiter. Nach wenigen Gehminuten erreichen wir den berühmten »20 Schilling Blick«. Von hier eröffnet sich eine wunderschöne Aussicht auf das 184 Meter lange und 46 Meter hohe „Kalte Rinne-Viadukt“, das einst die Rückseite der österreichischen 20-Schilling-Note zierte. Daher auch der Name für diesen Aussichtspunkt. Fast fühlt man sich in eine Modelleisenbahnanlage versetzt, wenn ein winziger Zug das Viadukt quert und in einem Tunnel verschwindet.

Unteres Adlitzgraben Viadukt

Adlitzgraben-Viadukt
Adlitzgraben Viadukt am Bahnwanderweg Semmering

Weiter geht es am Bahnwanderweg zum »Unteren Adlitzgraben Viadukt«, das nach dem ehemaligen Bauunternehmen im Volksmund auch Fleischmann-Brücke genannt wird. Ein eigens eingerichteter Fotopunkt zeigt Euch den besten Blick auf das 152 Meter lange und 24 Meter hohe Viadukt.

Arbeiterlager beim Adlitzgraben-Viadukt
Nachbau eines Arbeiterlagers beim Adlitzgraben Viadukt

Am Fuße des Viadukts befindet sich ein nachgestelltes Arbeiterlager aus jener Zeit. Dieses veranschaulicht, in welchen Baracken die Arbeiter damals hausten und mit welchen einfachen Werkzeugen sie diese monumentalen Prachtbauten schufen. Mehr als 16.000 Arbeiter aus allen Teilen der Donaumonarchie waren am Bau der Semmeringbahn beteiligt, ausgestattet mit nur wenigen Baumaschinen und Schwarzpulver mit geringer Sprengkraft. Hunderte verloren ihr Leben, nicht nur durch Unfälle, sondern auch durch eine verheerende Cholera-Epidemie, die ganze Reihen von Arbeitern hinwegraffte.

Viadukt Kalte Rinne

Adlitzgraben-Viadukt
Bahnwanderweg nach dem Adlitzgraben Viadukt

Das nächste Highlight am Bahnwanderweg ist das Viadukt über die Kalte Rinne. Gleich nach dem Adlitzgraben-Viadukt geht es ein kurzes, aber steiles Stück bergauf, das nicht nur anstrengend ist, sondern auch Trittsicherheit erfordert.

Entlang des Roten Bergs
Bahnwanderweg – Der schmaler Pfad entlang des Roten Bergs

Oben angekommen, führt der Weg oberhalb der Bahnstrecke an der Flanke des Roten Berges weiter und bietet einen schönen Ausblick auf die unter euch vorbeifahrenden Züge. Kurz bevor der Bahnwanderweg wieder bergab führt, wandert ihr an einem Bahnwächterhaus vorbei, in dem sich ein kleines Ghega-Museum befindet, das die Leistung des genialen Ingenieurs würdigt.

Viadukt Kalte Rinne
Viadukt Kalte Rinne

Habt ihr den Abstieg geschafft, steht ihr vor dem mächtigsten und großartigsten Bauwerk der Semmeringbahn – das Viadukt Kalte Rinne. 15 Gewölbe prägen das 184 Meter lange, 46 Meter hohe, zweistöckige Viadukt, das an ein antikes römisches Aquädukt erinnert.

Viadukt Kalte Rinne
Viadukt Kalte Rinne

»Ghega hat es meisterhaft verstanden, Natur und Kunst zu vereinen, da die kühn geschwungenen Viadukte und die kunstvoll gehauenen Galerien, über die das Dampfross den Höhen zusteuert, das Auge nicht minder fesseln als die hochstrebenden, wildzerklüfteten Felsgipfel und Felswände«, schrieb die »Illustrierte Österreichische Alpen Zeitung« am 15.Jänner 1904 in einem Artikel begeistert. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Weiter nach Breitenstein und Klamm

Weinzettelwand
Die Weinzettelwand – Blick von der Doppelreiterwarte

Nachdem wir das Viadukt über die Kalte Rinne ausgiebig bewundert haben, geht es die Straße nach Breitenstein hinunter. Dabei passiert ihr die berüchtigte Weinzettelwand, die einst das größte Hindernis beim Bau der Semmeringbahn darstellte. Folgt den Wegweisern zum »Bahnhof Breitenstein« und anschließend weiter in Richtung »Klamm«. Der Bahnwanderweg ist hervorragend ausgeschildert, jedoch sind die angegebenen Gehzeiten auf den Wegweisern nicht immer zuverlässig—manchmal erhöhen sie sich unerwartet, wie die Preise an den Zapfsäulen einer Tankstelle zur Mittagszeit.

Impressionen vom Bahnwanderweg
Blick auf die Burgruine Klamm vom Bahnwanderweg

Die Landschaft wird allmählich sanfter. Weide- und Waldgebiete wechseln sich ab. Schon bald ist in der Ferne die Burgruine Klamm zu sehen, die majestätisch auf dem höchsten Punkt eines Bergkegels thront. Die Burg, die urkundlich bereits 1130 erwähnt wurde, befindet sich heute nach zahlreichen Besitzerwechseln in Privatbesitz und ist leider nicht zugänglich.

Pfarrkirche von Klamm
Pfarrkirche und Burgruine Klamm

Besichtigt werden kann jedoch die romanische Kirche von Klamm, deren Geschichte bis ins tiefe Mittelalter zurückreicht.

Letzte Etappe – Über Küb nach Payerbach

Impressionen vom Bahnwanderweg
Am Bahnwanderweg

Kurz nach Klamm teilt sich der Bahnwanderweg. Ein Strang führt nach Gloggnitz, der andere nach Payerbach. Wir entscheiden uns für Payerbach—eine klare Wahl, da dort unser Auto parkt. Wir folgen den Wegweisern »Historisches Postamt Küb« und »Bhf Payerbach«. Der Weg führt meist leicht bergab und nach etwa 2,5 Kilometern erreichen wir das »Historisches Postamt« von Küb.

Nostalgie in Küb
Vergänglichkeit

Küb war um die Jahrhundertwende ein aufstrebender Fremdenverkehrsort, zu dessen Popularität auch Erzherzog Karl Ludwig, der Bruder Kaiser Franz Josephs, beitrug. Er ließ sich das Schloss Wartholz im nahegelegenen Reichenau an der Rax errichten. Dem Kaiser folgten zahlreiche Bedienstete des Hofes, die sich in den kleineren Nebenorten ansiedelten.

Historisches Postamt in Küb
Historisches Postamt in Küb

Geschichtsbücher berichten, dass die damals noch ungekrönte Zita viel Zeit im Schloss Wartholz verbrachte. Da es ihr zu umständlich war, über Boten mit einer ihr vertrauten Bediensteten in Küb zu kommunizieren, wünschte sie sich eine Telefonleitung. Der Hausbesitzer Alois Lechner erkannte das Potenzial dieser neuen Technologie und stellte sein Haus für eine Vermittlungsstelle zur Verfügung, damit auch andere Ortsansässige telefonieren konnten. So wurde 1905 aus diesem Raum ein Postamt.

Kurpark Payerbach
Kurpark von Payerbach

Wir nähern uns dem großen Finale des niederösterreichischen Bahnwanderwegs. Kurz nach dem »Historisches Postamt« zweigt der Küber Weg nach links ab. Dieser Wanderweg, der parallel zur Semmeringbahn verläuft, führt uns direkt ins Zentrum von Payerbach. Von dort ist es nur noch ein Katzensprung bis zum Bahnhof, wo unsere Wanderung endet.

Wanderkarte

Tourdaten

Wanderweg-Symbol: Gelbes Schild mit grünem Symbol, bestens ausgeschildert

Schwierigkeit: mittel, an einer Stelle ist Trittsicherheit von Vorteil

Strecke: ca 21,4 km, ca 30.500 Schritte 

Highlights der Strecke:

  • Das historische Südbahnhotel und Kurhotel im Kurort Semmering
  • Aussicht von der Doppelreiterwarte
  • Der legendäre 20 Schilling Blick
  • Brücken und Viadukte der Semmerinbahn

Der Bahnwanderweg zählt wahrscheinlich zu den am besten ausgeschilderten Wanderwegen. Trotzdem schadet die Mitnahme einer Karte oder das Downloaden der gps-Daten nicht.