Eine Tour durch die Geschichte Österreichs. Vom Schloss Juliusburg am Wagram durch Weingärten und Kellergassen zum Heldenberg. Danach geht es weiter zur Kreisgrabenanlage Puch, sowie zu den Schlössern in Göllersdorf und Sierndorf.
Stetteldorf am Wagram
Meine heutige Radtour startet in der kleinen Weinbaugemeinde Stetteldorf am Wagram. Kaum zu glauben, aber hier wurde 1683 Weltgeschichte geschrieben. Genauer gesagt im Schloss Juliusburg. Das mächtige Schloss am Rande des steil abfallenden Wagrams ist kaum zu übersehen.
Am 4. September 1683 trafen sich im Schloss der polnische König Jan Sobieski, Herzog Karl von Lothringen, sowie weitere deutsche Fürsten und planten die Befreiung Wiens von den Türken. Mit Fug und Recht kann behauptet werden, Planung und Kriegstaktik waren 1A. Schon eine Woche später, am 12.September schlug das Entsatzheer die türkischen Truppen vor den Toren Wiens vernichtend.
Am Heldenberg Radweg
Vorerst einmal genug der Heldengeschichten, widmen wir uns dem Heldenbergradweg (Radweg 841). Dieser führt anfangs immer entlang der Steilkante des Wagram und der Schmida. Bekannt ist der Wagram vor allem durch seinen Wein, für den der fruchtbare Lössboden und das günstige Klima beste Voraussetzungen bieten.
Angebaut wird vorwiegend Grüne Veltliner. Und dieser lagert bekanntlich in den Weinkellern der Kellergassen. Eine davon – die Kellergasse von Absberg – erreiche ich bereits nach kurzer Fahrzeit.
Großweikersdorf
Für eine Weinverkostung ist es noch eindeutig zu früh und so radle ich am Radweg 840 gemütlich weiter entlang der Schmida durch Felder und Weingärten. Die Marterl-Dichte ist hoch, die der Fischteiche weniger. Schon von weitem ist der dritthöchste Kirchturm Niederösterreichs zu sehen. Er weist mir den Weg nach Großweikersdorf.
Für die Planung der barocken Pfarrkirche von Großweikersdorf zeichnet sich Fischer von Erlach verantwortlich. Nicht der ganz Berühmte, sondern dessen Sohn Joseph Emanuel. Der Apfel fällt halt nicht weit vom Stamm. Der Kirchturm wurde jedoch aufgrund von Geldmangel erst rund 100 Jahre später fertiggestellt.
Werft auch einen Blick auf das kunstvoll ausgeführte schmiedeeiserne Gittertor aus dem Jahr 1740 vor der Kirche.
Wir schwingen uns wieder auf den Drahtesel und fahren dem Radweg 840 folgend, entlang der Schmida in das rund vier Kilometer entfernte Großwetzdorf. Hier steht nun ein Abstecher zum Heldenberg und Schloss Wetzdorf am Programm.
Heldenberg – Heldenverehrung, Oldtimer und Lippizaner
Der Heldenberg ist Österreichs Antwort auf die deutsche Walhalla. Der Armeelieferanten Josef Pargfrieder erwarb 1832 Schloss Wetzdorf, wo er seinen Traum einer monumentalen Ruhmesstätte für die Helden der kaiserlichen Armee verwirklichte. Pargfrieder ließ eine Siegeshalle und einen Obelisken mit unterirdischer Gruft errichten.
Büsten von tapferen Kämpfern der kaiserlichen Armee und Monarchen des Hause Habsburgs säumen die Wege des Schlossparks. Ich schreite die in Spalier stehenden “Helden ohne Unterleib”, wie bei einem Staatsbesuch, ab. Zur perfekten Vollendung des Szenarios fehlen nur noch 21 Salutschüsse und eine Militärkapelle, die den Radetzkymarsch intoniert.
Apropos Radetzky. Pargfrieder benötigte noch “das gewisse Etwas” für seine Ruhmesstätte. Ein echter Helden musste es sein. Dieser sollte mit ihm in der Gruft seine letzte Ruhestätte finden. Die Wahl fiel auf einen der berühmtesten Feldherrn der Monarchie: Josef Wenzel Radetzky von Radetz. Kaiser Franz Joseph hatte für seinen ruhmreichen Feldmarschall sogar einen Ehrenplatz in der Kapuzinergruft vorgesehen.
Doch es kam anders. Radetzky war spielsüchtig und schwer verschuldet. Als Pargfrieder von der prekären Situation Radetzkys erfuhr, beglich er dessen Spielschulden. Im Gegenzug vermachte ihm Radetzky seine sterblichen Überreste. Und so kam es, dass Radetzky und Pargfrieder gemeinsam in der Gruft unter dem Obelisken auf den jüngsten Tag warten.
Wer mit Helden nichts am Hut, dem empfehle ich aber unbedingt den Besuch von Kollers Automobilmuseum am Fuße des Heldenberges. 130 Jahre Automobilgeschichte wird in Form von 150 Oldtimern lebendig. Mein persönliches Lieblingsauto ist der Packard aus dem Jahre 1930.
Es geht bergauf zum Windberg
Genug der formvollendeten Oldtimer. Es wird Zeit die Radtour fortzusetzen. Durch die Kellergasse verlasse ich Großwetzdorf. Der Radweg 843 (Verbindungsradweg Rivaner) führt nun stetig steigend durch idyllische Weingärten über den Windberg nach Unterthern, Oberthern und Puch.
Der rund 9 km lange Streckenabschnitt ist der anstrengendste der gesamten heutigen Tour. Dafür wird man am “Gipfel” des Windbergs mit einem herrlichen Blick ins Schmida-Tal belohnt. Ideal für eine kurze Rast.
Puch – Zeitreise in die Jungsteinzeit
Kurz vor Puch wechsle ich auf den Pankratz-Radweg (R1), der mich direkt in die kleine Gemeinde bringt. Dort entdecke ich das Tor zum Neolithikum, das den Eingang zu einer Kreisgrabenanlage markiert. Kreisgrabenanlage zählen zu den ältesten Monumentalbauten Europas und sind bis zu 6000 Jahre alt.
Ihre Bedeutung ist nicht ganz geklärt. Forscher können sich nicht entscheiden, ob die mit Erdwällen und Palisaden befestigten Anlagen zur Verteidigung oder als Kultplatz dienten.
Göllersdorf – Wo die schweren Jungs zu Hause sind
Nach diesem Ausflug in die Jungsteinzeit schwinge ich mich wieder auf das Rad. Über Kleedorf, Breitenwaida (ab hier Radweg 83) und Großstelzendorf erreiche ich Göllersdorf. Sehenswert ist der langgezogene Marktplatz mit der der barocken Kirche und der beeindruckenden Pestsäule von Johann Lukas von Hildebrandt.
Auffallend ist auch ein barocke Triumphbogen. Dieser wurde zu Ehren Kaiser Karls VI errichtet, der auf seiner Reise nach Spanien in Göllersdorf am 20. September 1703 nächtigte.
Gleich dahinter verbirgt sich das Renaissanceschloss Göllersdorf, welches heute als “Häfen” für geistig abnorme Rechtsbrecher genutzt wird. Vor 400 Jahren unterschrieb im Schloss der berühmte Wallenstein seinen “neuen Dienstvertrag” als Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee.
Entlang des Göllersbach zum Schloss Sierndorf
Genug der Geschichte, ich radle weiter, folge dem Radweg entlang des Göllersbachs. Untermallebarn, Höbersdorf und Sierndorf liegen auf der Strecke.
In Sierndorf erwartet Euch ein weiteres Schloss. Dieses kann aber nur von außen besichtigt werden, der Schlosspark ist jedoch frei zugänglich.
Die Unendlichkeit des Tullnerfelds
Es wird Zeit die letzte Etappe des heutigen Tages in Angriff zu nehmen. Die Bezeichnung der Radwege wechseln häufiger als das Aussehen der Landschaft. Am 840er geht es nach Unterhautzental, dann folge ich dem 842er nach Zissersdorf und danach der Radroute Hausleiten nach Seitzersdorf-Wolfpassing.Die Ausläufer des ebenen Tullnerfeldes sind eine Freude für die Beine und Kondition. Der Charme der Landschaft erschließt sich jedoch erst am zweiten oder dritten Blick.
Bis Pettendorf blieb er mir verborgen. Nur der Radweg hat schon wieder einen neuen Namen. Er heißt nun Erlebnisweg “Kultur verbindet”. Doch dann ein Lichtblick. Die Landschaft ändert sich. Ich bin im Himmelreich. So heißt die Kellergasse bei Pettendorf.
Von hier ist es am Radweg 841 nur mehr ein Katzensprung bis zu meinem Ausgangspunkt in Stetteldorf, wo mir Schloss und Kirchturm schon entgegenlachen.
Fazit
Schöne und abwechslungsreiche Radtour mit interessanten kulturellen Highlights. Leider sind die alten Tafeln des Heldenberg Radwegs verschwunden. Schade darum, da die Radtour viel touristisches Potential hätte.
FOTOALBUM
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einer Radtour auf den Spuren von Pargfrieder und Radetzky inspirieren konnten. Noch mehr Fotos zu dieser Radtour findet Ihr im Fotoalbum unter: HELDENBERG RADWEG – VOM SCHMIEDATAL INS GÖLLERSBACHTAL
Streckenplan
Tourdaten
Radweg-Symbol: Diese Rad-Rundtour habe ich selbst zusammengestellt und nutzt verschiedene lokale Radwege (Details im Text). Sie kann an jedem beliebigen Ort begonnen werden. Wer öffentlich anreist, empfehle ich als Ausgangspunkt Sierndorf oder Göllersdorf.
Schwierigkeit: leicht bis mittel, meist geht gemütlich dahin, jedoch zwischen Großwetzdorf und Puch ist ein längerer Anstieg. Für Kinder nur bedingt geeignet.
Strecke: ca 64 km
Highlights dieser Tour:
- Heldenberg mit Radetzky-Gedenkstätte, Kollers Automobilmuseum und Ausbildungsstätte der Lippizaner
- Kreisgrabenanlage Puch mit Tor zum Neolithikum
- Dritthöchster Kirchturm von NÖ in Großweikersdorf
- Hauptplatz von Göllersdorf
Es empfiehlt sich die Mitnahme einer Radkarte oder der gps-Daten fürs Navigieren. Nicht immer ist die Streckenführung eindeutig oder es fehlt ein wichtiger Wegweiser (zB Abzweiger zum Heldenberg).