HISTORISCH – MIT SISI AUF DEN KAHLENBERG UND LEOPOLDSBERG WANDERN

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Fotocollage: Sisi am Leopoldsberg
Foto-Montage: Kaiserin Sisi am Leopoldsberg

Eine historisch belegete Wanderung der wohl berühmtesten Kaiserin Österreichs auf den Leopoldsberg und Kahlenberg.

Vom Kahlenbergerdorf auf den Leopoldsberg

Am Nasenweg
Blick vom Nasenweg auf das Kahlenbergerdorf

Die Kaiserin fuhr heute nachmittags mit der Hofdame Gräfin Festetics und dem griechischen Lehrer ins Kahlenbergerdorf. Dort verließ sie die Equipage und stieg über den Serpentinenweg, die sogenannte Nase, auf den Leopoldsberg, von wo sie zum Kahlenberg hinüberging.

Die Neue Freie Presse, 6. Juni 1894
Kahlenbergerdorf
Kahlenbergerdorf

Wie einst Kaiserin Sisi fahren wir zunächst ins Kahlenbergerdorf, wo zwischen den engen und steilen Gassen die Zeit ein wenig stehen geblieben ist. Ob Sisi am Beginn ihrer Wanderung dem »Pfaff vom Kahlenbergerdorf« einen Besuch abgestattet hat? Wir beantworten die Frage einfachheitshalber mit »Ja« und spazieren zur Kirche des alten Weinbauortes, wo eine Statue an den »Pfaff von Kahlenberg«, Wiegand von Theben, erinnert.

Pfaff vom Kahlenbergerdorf
Der Paff vom Kahlenbergerdorf

Der Don Camillo des Spätmittelalters war berüchtigt für seine Späße. Als die Winzer ihren sauren Wein nicht verkaufen konnten, hatte Wigand eine Idee. Er kündigte in seiner Predigt an, dass er nächsten Sonntag vom Kirchturm über die Donau fliegen werde. Am folgenden Sonntag strömten eine Vielzahl an Schaulustigen herbei, um dem Spektakel beizuwohnen.

Kahlenbergerdorf
Kahlenbergerdorf

Doch Wigand ließ die Besucher in der Hitze schmoren. Erst als sie vor lauter Durst das letzte Weinfass mit dem »Saurampfer« leergetrunken hatten, erschien der Pfarrer. Er fragte in die Menge, »Habt ihr je einen Menschen fliegen sehen«? Als diese verneinte, meinte er schmunzelnd, »Ich auch nicht« und verschwand wieder.

Der Nasenweg

Am Nasenweg
Am Beginn des Nasenwegs

Nun wird es Zeit, den Nasenweg auf den 425 Meter hohen Leopoldsberg in Angriff zu nehmen. Vor euch liegt ein 1,5 km langer Aussichtsweg, der im Zickzack in zwölf Kehren und 264 Stufen 250 Höhenmeter überwindet. Wer den durchgängig steil nach oben führenden Nasenweg kennt, weiß, dass es einem selbst bei gemütlichem Gehtempo die Schweißperlen auf die Stirn treibt.

Am Nasenweg
Blick auf die Weinberge

Immerhin: Mehrere Aussichtsplattformen laden nicht nur dazu ein, die grandiose Aussicht zu genießen, sondern auch den durch die Decke geschossenen Puls zu normalisieren.

Am Nasenweg
Aussichtsplattform am Leopoldsberg

Drehen wir das Rad der Zeit wieder zurück. Untypisch für eine Adelige stürmte Kaiserin Elisabeth im sportlichen Eiltempo mit rauschenden Röcken den Leopoldsberg hinauf. Dahinter folgte keuchend ihr Griechisch-Lehrer und mit großem Abstand die Hofdame Gräfin Festetics, schwer nach Luft ringend und stets um Contenance bemüht.

Am Nasenweg
Stetig bergauf am Nasenweg

Sisi auf ihren zahlreichen Reisen und Wanderungen zu begleiten, war für Hofdamen wahrlich kein Honigschlecken. So schrieb die Gräfin Festetics nach einem längeren Fußmarsch in ihr Tagebuch: »Ich bin totgegangen.«

Am Leopoldsberg

Kirche am Leopoldsberg
Die Kirche am Leopoldsberg aus der Ferne

Geschafft, im wahrsten Sinne des Wortes! Nach knapp 30 Minuten Gehzeit -je nach Kondition- habt ihr den Leopoldsberg erklommen. Wer jedoch die Burg aus der Zeit der Babenberger und die Kirche zum Hl. Leopold besuchen möchte, wird enttäuscht: Meist gibt es nur die Außenmauern zu sehen.

Kirche am Leopoldsberg
Kirche am Leopoldsberg, geöffnet an Samstagen und Sonntagen

Seit mehr als einem Jahrzehnt wird die Burg renoviert und ist nicht zugänglich. Die im Inneren des Burgareals befindliche Kirche kann jedoch an Samstagen und Sonntagen besichtigt werden.

Blick vom Leopoldsberg
Blick vom Leopoldsberg

Wir halten es mit Kaiserin Elisabeth, die statt eines Kirchenbesuchs von der Aussichtsplattform »weite Umschau hielt« und den vielleicht besten Blick auf Wien genoss.

Am Kahlenberg

Kirche am Leopoldsberg
Am Weg zum Kahlenberg

Nachdem wir die Aussicht auf die Wiener Stadt ausgiebig bewundert haben, wandern wir weiter auf den historischen Spuren von Sisi zum Kahlenberg, welchen wir nach rund zwei Kilometern erreichen.

Josefskirche am Kahlenberg
Josefskirche am Kahlenberg

Die Kaiserin zeigte bei der Ankunft keine Spur von Ermüdung. Sie begab sich in das »Hotel Kahlenberg«, wo Ihre Majestät mitten unter dem zahlreichen Publikum auf der Terrasse Platz nahm. Da die Kaiserin weder Schleier, Schirm, noch Fächer trug, wurde die hohe Frau vom Publikum erkannt und ehrfurchtsvoll begrüßt. Ihre Majestät nahm auf der Terrasse eine Jause, bestehend aus Eiskaffee, Gefrorenem und Backwerk, ein. Die Kaiserin bewunderte den herrlichen Ausblick auf Wien, ließ sich die Sternwarte und andere markante Gebäude zeigen und unterhielt sich in der leutseligsten Weise mit der Begleitung.

Die Neue Freie Presse, 6. Juni 1894, Reichspost 3. Juni 1896
Ausblick vom Kahlenberg
Blick vom Kahlenberg

Wie Sisi bewundern auch wir die Aussicht auf Wien von der Panorama-Terrasse am Kahlenberg-Plateau. Die Skyline Wiens hat sich jedoch seit dem Besuch der Kaiserin massiv verändert. Dominierten einst Kirchturmspitzen und das glitzernde Band der Donau, die sich durch die Landschaft schlängelt, so sind es heute die Hochhäuser auf der Donauplatte, der Donauturm, das AKH oder die unzähligen Windräder am Horizont. Nicht einmal das Riesenrad konnte Sisi entdecken, da es erst 1897 zur Feier des 50. Thronjubiläums Kaiser Franz Josephs I. errichtet wurde.

Ausblick vom Kahlenberg
Blick von der Panorama-Terrasse am Kahlenberg

Stellt euch vor, Sisi stünde plötzlich hier! Statt einer ehrfurchtsvollen Begrüßung würden sie von den zahlreichen anwesenden Touristen für ein Selfie umringt werden und ihre Leibwächter hätten alle Hände voll zu tun, um sie vor der anstürmenden Masse zu schützen. Wandern wir lieber weiter!

Tipp:
Mehr zum Kahlenberg und zur Josefskirche findet ihr im Beitrag: STADTWANDERWEG WIEN – VON DER HABSBURGWARTE ZUR STEFANIEWARTE

Kaiserin Elisabeth Ruhe

Kaiserin-Elisabeth-Ruhe
Kaiserin-Elisabeth-Ruhe

Vorbei an der Kaiserin-Elisabeth-Ruhe, einem ziemlich monumentalen »Sitzbankerl«, das 1904 zu Ehren der Kaiserin errichtet wurde, erreicht ihr nach wenigen Schritten die Stephaniwarte am Kahlenberg.

Die Stephaniewarte am Kahlenberg

Sie verweilte auf der Terrasse fast eineinhalb Stunden, begab sich dann zur Stephaniewarte und betrachtete längere Zeit das Panorama von Wien und dessen Umgebung.

Die Neue Freie Presse, 6. Juni 1894
Stefaniewarte
Stefaniewarte am Kahlenberg

Sieben Jahre nach ihrer Eröffnung besuchte Kaiserin Sisi die 22 Meter hohe Stefaniewarte am Gipfel des 484 Meter hohen Kahlenbergs. Der Aussichtsturm wurde nach den Entwürfen der Architekten Fellner und Helmer errichtet und trägt den Namen von Kronprinzessin Stephanie, der Gemahlin von Sisis Sohn Kronprinz Rudolf. Wir erinnern uns: Das ist jener Rudolf, der eine schicksalhafte Affäre mit Mary Vetsera hatte und sich mit ihr im Schloss Mayerling entleibte.

Ausblick von der Stefaniewarte
Blick auf Wien von der Stefaniewarte

Auch die Aussichtsplattform der Stefaniewarte bietet euch einen grandiosen Blick auf Wien, das Donautal mit Stift Klosterneuburg und die Hügel des Wienerwalds.

Zurück mit der Zahnradbahn nach Nussdorf

Fotocollage - Die Zahnradbahn bei der Stephaniewarte
Foto-Collage: Die Zahnradbahn bei der Stephaniewarte

In der Station der Zahnradbahn bestieg die Kaiserin sodann mit ihrer Begleitung ein Separat-Coupé des fast völlig besetzten Zuges und fuhr nach Nußdorf hinab, wo die Equipage harrte.

Die Neue Freie Presse, 6. Juni 1894

Ja, ihr habt richtig gelesen: Am Kahlenberg fuhr tatsächlich eine dampfbetriebene Zahnradbahn! Noch dazu war sie die erste Zahnradbahn Österreichs. 1874 eröffnet, führte die 5,5 Kilometer lange Strecke von Nussdorf über Grinzing und Krapfenwald zur Stefaniewarte.

Entlang der Strecke der ehemaligen Zahnradbahn
Entlang der ehemaligen Trasse der Zahnradbahn

Die »Ruckerlbahn«, wie sie im Volksmund genannt wurde, weil sie während der Fahrt immer wieder ruckelte, war schnell eine Wiener Attraktion. Doch die dramatische Wirtschaftskrise nach dem Ersten Weltkrieg führte 1919 zur Einstellung der Bahn und 1922 zum Abbau der Gleise.

Zahnradbahn Kahlenberg - Widerlager der Brücke
Ehemalige Brücke über die Kahlenbergerstraße

Erhalten blieb nur der Bahnhof in Nussdorf, bei der Endstation des D-Wagens, sowie die Widerlager einer Brücke über die Kahlenbergerstraße. Von der Stefaniewarte wandern wir nun entlang der alten Trasse der Zahnradbahn bis zur ehemaligen Endstation in Nußdorf.

Ehemalige Station der Zahnradbahn
Ehemalige Endstation der Zahnradbahn in Nußdorf

Ein imaginärer Pfiff der Dampflok signalisiert uns die Abfahrt. Und schon geht es los. Die Räder setzen sich langsam in Bewegung und der Wagen hinter der Lokomotive beginnt zu ruckeln und zu schaukeln. Von der Stefaniwarte geht es zuerst auf dem Höhenstraßenbegleitweg und auf einem Feldweg zum Parkplatz des Krapfenwaldlbads. Von dort folgt die Trasse dem “Unteren Schreiberweg” und der Zahnradbahnstraße bis zur Endstation der Straßenbahnlinie D.

Wir hoffen, dass wir euch zu dieser historischen Wanderung mit Kaiserin Sisi auf den Leopoldsberg und Kahlenberg inspirieren konnten und wünschen euch viel Spass beim Nachwandern!

NOCH MEHR FOTOS ZUR INSPIRATION?
Weitere Fotos vom Leopoldsberg und Kahlenberg findet Ihr im Fotoalbum unter: Historische Wanderung – Mit Kaiserin Sisi auf den Leopoldsberg und Kahlenberg

Fakten

Der erste Teil der Wanderung bis zum Kahlenberg verläuft auf dem »Stadtwanderweg 1a Leopoldsberg«. Ab dem Kahlenberg bis zur Endstation des »D-Wagens« werden verschiedene Wanderwege genutzt.

Die wichtigsten Fakten sind:

  • knapp 15.000 Schritte,
  • ca 10 Kilometer,
  • ca 360 Höhenmeter (laut Navi)
  • reine Gehzeit: ca 2:15 Stunden (abhängig von der eigenen Kondition)

Tipp zur An- und Abreise
Von der U4 Endstation Heiligenstadt fährt die Buslinie 400 regelmäßig ins Kahlenbergerdorf. Die Wanderung endet bei der Endstation des »D-Wagens«, der euch wieder zur Endstation Heiligenstadt bringt.

Beschilderung

Der erste Teil der Wanderung ist in der Regel als Stadtwandeweg 1a gut ausgeschildert. Für den zweiten Teil bitte die gps-Daten nutzen.

Tourenkarte