Adolf Loos feierte 2020 seinen 150. Geburtstag. Dieser Wiener Stadtspaziergang führt Euch auf den Spuren von Adolf Loos vom Looshaus in der Wiener Innenstadt bis zu seinen Villen in Hietzing und der Werkbundsiedlung am Roten Berg. Alles was ihr für unsere Loos-Tour benötigt ist ein wenig Zeit, bequeme Schuhe und ein Tagesticket der Wiener Linien.
Loos-Haus
Beginnen wir unseren Architektur-Spaziergang am Michaelerplatz, wo sich das berühmteste Gebäude des Architekten Adolf Loos befindet. Der ehemalige Unternehmenssitz der noblen Herrenmodenfirma Goldman & Salatsch gilt noch heute als das wichtigste Bauwerk der »Wiener Moderne«.
Im Wien um 1900, welches vom Historismus und Jugendstil geprägt war, löste die schlichte Fassade ohne jegliche Verzierungen einen handfesten Architekturskandal aus. Sogar ein Baustopp wurde verhängt. Für Loos galten Ornamente als Verbrechen. »Ornamente sind vergeudete Arbeitskraft, vergeudetes Material und somit vergeudetes Kapital«, lautete das Credo von Loos. Erst als Loos einwilligte, die schmucklose Fassade mit Hilfe von Blumenkästen zu behübschen, konnten die Bauarbeiten fortgesetzt werden.
Nach der Fertigstellung wurde das Gebäude von den Wienern schon bald als »Haus ohne Augenbrauen« oder als » überdimensionales Kanalgitter« verunglimpft. Für Kaiser Franz Joseph war die schmucklose Fassade direkt gegenüber der kaiserlichen Hofburg eine Provokation. Für den Rest seines Lebens soll der Kaiser die Kutschenfahrt über den Michaelerplatz vermieden haben, damit er das »scheußliche« Haus nicht sehen musste.
Café Central
Wir folgen nun ein Stück der Herrengasse bis zum Palais Ferstl. In dem im Neorenaissance-Stil errichtetes Gebäude befindet sich das Café Central, wo sich Loos gerne mit den Kaffeehausliteraten Peter Altenberg und Karl Kraus traf. Bei Kaffee und Cognac philosophierte man über die Vorzüge des weiblichen Geschlechts.
Als Architekt war Adolf Loos ein Genie, doch seine Lust zur Provokation und seine pädophile Neigung, machten ihm zu keinem Sympathieträger. Loos führte ein zügelloses Leben. Er war dreimal verheiratet, hatte zahlreiche Affären und begrapschte gerne junge Mädchen. Viele Intellektuelle, wie Peter Altenberg, Oskar Kokoschka oder Egon Schiele litten unter dem Lolita-Komplex und begeisterten sich für Kindfrauen.
»Eine Frau ist immer zu alt, aber nie zu jung!«, pflegte Peter Altenberg stets zu sagen. Loos lud immer wieder junge Mädchen in sein Atelier ein um sie in obszönen Stellungen zu porträtieren und sexuell zu bedrängen. 1928 stand er deshalb vor Gericht und wurde wegen Verführung Minderjähriger zu vier Monaten schweren Arrest auf Bewährung verurteilt.
Buchhandlung Manz
Spaziert nun wieder zurück zum Kohlmarkt Nr 16, wo sich die Traditionsbuchhandlung Manz befindet. Das auffallende Eingangsportal hat der 1870 in Brünn geborene Adolf Loos im Jahr 1912 entworfen. Loos gilt als einer der Wegbereiter der modernen Architektur und energischer Gegner des Jugendstils. Statt ornamentaler Verzierungen verwendete Loos lieber edelste Materialien um die Anmutung von Luxus und Eleganz zu erzielen.
Modeatelier Kniže
Jetzt kleiden wir uns neu ein! Unser nächste Ziel ist das berühmte Modeatelier Kniže am Graben Nummer 13. Das Geschäftslokal des Wiener Traditionsbetriebs für Herrenmode wurde im Jahr 1910–1913 von Adolf Loos gestaltet und ist bis heute fast unverändert erhalten geblieben.
Sämtliche Beleuchtungskörper, Ladenmöbel, Vitrinen und Einrichtungsgegenstände wurden von Loos entworfen. Vor allem Künstler waren in früherer Zeit Kunden bei Kniže. Oskar Kokoschka pflegte seine Anzüge mit Gemälden zu bezahlen, Marlene Dietrich ließ sich Fracks für ihre Bühnenshows schneidern und Willi Forst, Fritz Lang oder Kurt Tucholsky schauten auch gerne vorbei.
Loos-Bar
Lust auf einen Drink? Dann folgt uns zur Loos-Bar im Kärntner Durchgang Nr. 10, einer kleinen Seitengasse der Kärntner Straße. Die Bar gehört zu den frühen Werken des Architekten. Adolf Loos entwarf die Bar 1908, auch auf Grund seiner Erfahrungen im Zuge eines Aufenthalts in den USA in den späten 1890er Jahren. Der Innenraum der Bar ist nur 4,40 × 6,00 × 4,10 m groß. Spiegel geben dem Raum jedoch zusätzliche Tiefe. Loos hatte die außerordentliche Begabung raumsparende und zugleich großzügig wirkende Ergebnisse zu entwickeln.
Vom Karlsplatz nach Hietzing
Wir spazieren nun weiter zur U4 Station am Karlsplatz. Bevor Ihr in die U-Bahn einsteigt, werft noch rasch einen Blick auf die ehemaligen Stadtbahn-Pavillons von Otto Wagner, einem Musterbeispiel des Jugendstils. Die Stadtbahn-Pavillons mit ihren reichen Ornamenten sind das genaue Gegenteil zum typische »kühlen« Baustil von Adolf Loos.
Fahrt nun mit der U4 bis zur Station Hietzing, bewundert dort kurz den Hofpavillon Hietzing von Otto Wagner und nehmt dann die Straßenbahnlinie 60 bis zur Station Gloriettegasse. Unser Ziel sind drei typische Loos-Villen in einem der schönsten Bezirke der Stadt. Diese können jedoch leider nur von außen besichtigt werden.
TIPP: JUGENDSTIL UND OTTO WAGNER
Falls Ihr mehr über die Jugendstilbauten von Otto Wagner erfahren möchtet, dann empfehlen wir Euch den STADTSPAZIERGANG WIEN - DIE JUGENDSTIL BAUWERKE VON OTTO WAGNER
Drei Villen von Adolf Loos in Hietzing
Nur einen Katzensprung von der Straßenbahnstation entfernt, steht in der Larochegasse 3 das Haus Scheu. Die Villa ging als erstes Terrassenhaus Mitteleuropas in die Architekturgeschichte ein. Loos hatte das Haus für den befreundeten Rechtsanwalt Gustav Scheu geplant, der zu den Mitinitiatoren des Mieterschutzrechtes zählt. Seine Ehefrau unterhielt in der Villa einen Salon, in dem Alban Berg, Oskar Kokoschka und auch Adolf Loos ein- und ausgingen.
Geht nun Richtung Hügelpark und entdeckt in der Kupelwiesergasse 28 das Haus Strasser. Loos baute für den Wiener Fabrikanten Karl Strasser die 1896 errichtete Villa komplett um. Beim Innenumbau setzte der Architekt erstmals seinen neu entwickelten Raumplan um. Sein Raumkonzept basierte auf der Idee, dass die Raumhöhe von der Raumfunktion abhängig ist. So entstanden Räume, die auf verschiedenen Ebenen liegen und unterschiedliche Deckenhöhen haben.
Die letzte Villa, die wir Euch zeigen möchten ist das Haus Steiner in der St Veit Gasse 10. Geplant hat Adolf Loos das Einfamilienhaus mit dem auffälligen tonnenförmigen Dach im Jahre 1910 für Hugo und Lilly Steiner. Für den Architekturkritiker Friedrich Achleitner gehört das Haus Steiner zu den Schlüsselbauten der Moderne. Loos gelang es mit Hilfe des auffälligen Blechdaches die Höhenunterschiede des Grundstücks – eingeschossig auf der Straßenseite, drei Geschoße gartenseitig – zu überwinden.
Die Werkbundsiedlung
Das letztes Ziel unseres Spaziergangs »Auf den Spuren von Adolf Loos« ist die Werkbundsiedlung. Diese erreicht ihr am besten mit dem Bus 54B. Über die St Veit Gasse, Beckgasse und Hummelgasse kommt ihr zur Hietzinger Haupstrasse. Gleich nach dem Bahnübergang befindet sich in der Spohrstrasse die Busstation. Mit dem 54B fahrt ihr bis zur Station Gobergasse. Vor Euch liegt nun eine »Mustersiedlung der Moderne«, die 1932 unter der Leitung des Architekten Josef Frank geplant wurde.
Josef Frank lud international renommierte Architekten wie Adolf Loos, Josef Hoffmann, Margarethe Schütte-Lihotzky oder Gerrit Rietveld, ein, ihre Visionen für den sozialen Wohnbau umzusetzen. Das Motto lautete »Die Häuser sollen das Wohnen als zentrale Tätigkeit des Menschen unterstützen«. Wir empfehlen Euch bei Eurem Rundgang durch die Werkbundsiedlung die Gratis-App mit Audio-Guide zu nutzen. Diese führt Euch zu den wichtigsten Bauten der Siedlung und liefert zusätzlich Hintergrundinfos und historische Bilder zu den einzelnen Objekten.
Es entstanden Einfamilien- und Reihenhäuser mit Garten, die gemessen an heute üblichen Raum- und Wohnungsgrößen, sehr klein sind, aber durch hohe Funktionalität und einer erstaunlichen Geräumigkeit bestechen. Während das Projekt im Ausland auf viel Interesse stieß, verhöhnten Kritiker die Werkbundsiedlung als Musterkolonie von Zwergenhäusern.
Adolf Loos entwarf zwei Doppelhäuser für die Werkbundsiedlung, wobei es dem Architekten gelungen ist bei einer verbauten Fläche von nur 47 m² pro Haus ein Maximum an Wohnfläche von 93 m² zu schaffen. Kurz nach der Fertigstellung des Projekts starb Adolf Loos im Jahr 1933. Sein Ehrengrab befindet sich am Wiener Zentralfriedhof.
Vielleicht noch ein letzter Abstecher?
Hier endet nun unser Stadtspaziergang »Auf den Spuren von Adolf Loos«. Wer noch Zeit, Lust und Laune hat kann noch einen Abstecher auf den Friedhof von Ober St Veit unternehmen. Dort befindet sich das Grabmal von Egon Schiele, der neben Gustav Klimt und Oskar Kokoschka zu den bedeutendsten bildenden Künstlern der Wiener Moderne zählte. Ecke Jagdschlossgasse und Veitingergasse führt die Neukräftengasse direkt zum Friedhof (ca 500 m). Wir hoffen, dass Euch unsere Entdeckungstour durch Wien gefallen hat.
FOTOALBUM
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einem Spaziergang auf den Spuren von Adolf Loos inspirieren konnten. Noch mehr Fotos zu dieser Wanderung findet Ihr im Fotoalbum unter: AUF DEN SPUREN VON ADOLF LOOS