Vom Kloster St Anna bis zur Ruine Scharfeneck und der Erklimmung des Mount Scheiter – Eine spannende Rundwanderung durch den Naturpark Wüste Mannersdorf im Leithagebirge.
Naturpark Wüste Mannersdorf
Man muss nicht nach Ägypten oder in die Sahara fliegen, um durch die Wüste zu wandern. Es reicht ein Ausflug nach Mannersdorf am Leithagebirge. Dort existiert tatsächlich ein Naturpark, der »Wüste Mannersorf« heißt.
Sein Name geht auf eine schlampige Übersetzung des griechischen Wortes »Eremos« zurück, welches so viel wie Einsiedelei oder Einöde bedeutet. Statt goldgelber Sanddünen, Oasen und störrischer Kamele erwarten Euch Wälder, die Burgruine Scharfeneck und das ehemalige Kloster St Anna in der Wüste.
Unsere Rundwanderung durch den Naturpark Wüste Mannersdorf startet beim Gasthof Arbachmühle. Schon bald darauf erreichen wir die Ruine der Leopoldskapelle und die Eingangspforte zum ehemaligen Klosterareal, welches einst von einer 4,5 Kilometer langen Klostermauer umgeben war. Diese ist noch heute zum Großteil erhalten.
Kloster St Anna in der Wüste
Von der Leopoldskapelle bis zum ehemaligen Kloster St Anna in der Wüste geht ihr knapp 700 Meter, wobei das letzte Stück des Weges durch eine beschauliche Allee mit ehrwürdigen Lindenbäumen führt.
Die Geschichte des Klosters reicht bis ins Jahr 1644 zurück als Eleonora von Mantua, Witwe von Kaiser Ferdinand III, beschloss eine kleine Kolonie von »Unbeschuhten Karmeliten« in die Wüste zu schicken. 1683 von türkischen Horden geplündert und gebrandschatzt, erlebte die Klosteranlage nach dem Wiederaufbau bis zum Regierungsbeginn von Kaiser Joseph II seine Blütezeit.
Der Reformkaiser ließ das Kloster 1783 schließen, da die »Unbeschuhten Karmeliten« ihren Lebensinhalt nur im Gebet, der Meditation oder im Verfassen von spirituellen Schriften sahen. Für den Kaiser ein absolutes »No-Go«, da diese sinnentleerte Lebenseinstellung nichts zum Wohle der Allgemeinheit beitrug.
Danach diente das verlassene Kloster als Lagerraum und begann zu verfallen. Die Reste des Klosters wurden mittlerweile restauriert und sind heute das Zentrum des Naturparks »Wüste Mannersdorf«.
Ruine Scharfeneck
Unser Rundweg durch die Wüste Mannersdorf führt uns nun weiter zur im Wald versteckten Ruine Scharfeneck, deren Ursprünge sich im Dunklen der Geschichte verlieren. Benannt ist diese nach dem Fürstengeschlecht der Scharfenecker, die als ungarische Adelige die damalige Grenze zwischen dem Habsburgerreich und dem Königreich Ungarn im Mittelalter sicherten.
Erst der späterer Kaiser Maximilian I konnte im Jahre 1490 nach einem erfolgreichen Feldzug gegen die Ungarn die Grenzburg für die Habsburger erobern. 1555 zerstörte ein Blitzeinschlag den damals 24 Meter hohen Bergfried. Durch das schwere Unwetter wurde wahrscheinlich die gesamte Burganlage derart in Mitleidenschaft gezogen, dass diese trotz Wiederaufbauversuchen immer mehr verfiel und schließlich unbewohnt wurde.
Erst während der Zweiten Türkenbelagerung im Jahre 1683 spielte die Burg wieder eine wichtige Rolle, als rund 2.000 bis 3.000 Bewohner Zuflucht hinter den Burgmauern suchten. Die hohen Mauern, die noch heute zu sehen sind und die von zahlreichen Efeuranken überzogen sind, hielten zwar den Türkenangriffen stand, doch starben viele der Geflüchteten an Hunger und Krankheiten.
Auf Schmugglerspuren zum »Mount Scheiter«
Begleitet von der Klostermauer führt uns nun ein Waldpfad steil bergab in einem Graben. Wir befinden uns auf einer alten Schmugglerroute, die zwischen dem niederösterreichischen Mannersdorf und dem bis 1921 ungarische Donnerskirchen verlief. Besonders nach dem Ende des ersten Weltkriegs wurden Wein, Vieh und Lebensmittel von Ungarn durch die Wälder des Leithagebirges in das unter Hungersnöten geplagte Österreich geschmuggelt.
Nachdem wir den einst als »Jordan« benannten Arbach überquert haben, geht es nun einen Forstweg entlang gemütlich weiter. Nach mehreren Weggabelungen erreichen wir einen schmalen Waldpfad, der sich etwas steiler zum Gipfel des hier humorvoll bezeichneten »Mount Scheiter« hinaufwindet.
Am baumfreien Gipfelplateau des Scheiterbergs könnt ihr beim Gipfelkreuz nicht nur ausgelassen Euren Gipfelsieg feiern, sondern auch einen wunderschönen Ausblick auf das Wiener Becken und das Weinviertler Hügelland genießen. Bankerl laden zu einer Pause ein.
Doch der Rastplatz mit Aussicht hat »Wüstenqualität«: Es gibt keinen Schatten, falls die Sonne wieder einmal gnadenlos vom strahlend blauen Himmel herunterbrennt. Und das mächtige Industriegebäude, welches ihr im flimmernden Licht am Fuße des Leithagebirges erkennen könnt, ist keine Fata Morgana, sondern die Mannersdorfer Zementfabrik, die bereits 1894 gegründet wurde und zu den ältesten und größten Zementwerken Österreichs zählt.
Entlang des Steinbruchs von Mannersdorf zum Ausgangspunkt zurück
Nachdem wir vom Gipfel des Scheiterbergs hinabgestiegen sind, verläuft nun unsere weitere Route entlang eines Steinbruchs, wo jener Kalkstein gefördert wird, der in der nahen Fabrik zu Zement verarbeitet wird. Warnschilder weisen darauf hin, dass man sich werktags vor Sprengungen in Acht nehmen sollte.
Mannersdorf war bereits im Spätmittelalter ein wichtiges Zentrum der Kalksteingewinnung. Alte Rechnungen aus dem Jahre 1404 belegen, dass Mannersdorfer Kalksteine bereits für den Bau des Wiener Stephansdoms verwendet wurden. Besonders begehrt waren die Bausteine aus dem Leithagebirge in der zweiten Hälfte des 19. Jhdt, als die Prunkbauten an der Wiener Ringstraße errichtet wurden.
Am Ende des Steinbruchs führt uns ein kurzer steiler Waldpfad hinunter zu einer Weggabelung, wo uns eine breite Forststraße wieder zum Kloster und zum Ausgangspunkt unserer Wanderung durch die Wüste Mannersdorf zurückbringt.
Literatur-Tipp zur Wüste Mannersdorf
Martin Burger, Wege in die Vergangenheit – Wien und Niederösterreich
40 Kulturwanderungen auf den Spuren von Drachentötern, römischen Legionären und Triftmeistern
erschienen im Tyrolia Verlag