RUINE MERKENSTEIN – EINE »ESOTERISCHE« RUNDWANDERUNG

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Die knapp 10 km lange Rundwanderung führt zur Ruine Merkenstein, dem Türkenbrunnen, einer Aussichtswarte, sowie mystischen Kraftplätzen im Wienerwald.

Ruine Merkenstein am Fuße des Hohen Lindkogel

Sommerfeld am Beginn der Wanderung

Die gute alte Esoterik! Gerade in turbulenten Zeiten sehnen sich viele nach alternativen Heilswegen. Räucherstäbchen im Duell mit den schurkischen negativen Energien, Bewusstseinsreisen zum Gipfel der Glückseligkeit und Meditation als ultimativer Schlüssel zur Entfesselung blockierter Chakren. Wer’s glaubt, wird selig und macht damit all die Scharlatane reicher. Mittlerweile gibt es sogar eine esoterische Wanderung, die uns rund um die Ruine Merkenstein führt. Und genau die haben wir heute für euch erforscht.

Beginn der Wanderung

Auch ohne den Blick in die Tarotkarten können wir euch prophezeien, dass euch eine 10 km lange Wanderung mit rund 400 Höhenmetern und einer geschätzten Gehzeit von etwa 2,5 Stunden erwartet. Sie führt dabei an Orte mit erfrischenden Energieflüssen. Doch genug der Weissagungen – lasst uns aufbrechen! Der Startpunkt der »esoterischen Wanderung« liegt nahe dem Haidlhof, wo rechter Hand eine Forststraße in den »Kalkgraben« führt.

Die Opfersteine

Opfersteine

Nach etwa 20 Minuten erreichen wir den ersten esoterischen Kraftplatz – die »Illyrischen Opfersteine«. Angeblich eine alte heidnische Kultstätte. Noch heute befindet sich in einem der Steine eine kreisrunde Vertiefung, die vor mehr als 4.000 Jahren als Blutschale für Menschenopfer gedient haben soll. Ein wahrhaft zauberhafter Fleck für selbsternannte Gurus, um mit Klangschalen, Räucherkerzen und einer Prise bewusstseinserweiterter Substanzen einen Plausch mit den überirdischen Mächten zu halten.

Opfersteine

Interessanter ist jedoch der Felsen, aus dem eine mächtige Schwarzföhre emporwächst, deren gewaltige Wurzeln sich wie eine Python eng an den Stein schmiegen. Geomanten wollen an dieser Stelle außergewöhnliche Energieschwingungen festgestellt haben.

Opfersteine

Wir persönlich haben keine derartigen Schwingungen verspürt und setzen unsere Reise fort, zur nächsten Etappe unserer Wanderung.

Herrgottsbuche und Bretzelbaum

Herrgottsbuche

Etwa 500 Meter von den Opfersteinen entfernt steht die mächtige Herrgottsbuche. Fast wäre man geneigt dem Baum aufgrund des Alters und der Dicke des Stammes den Titel »Vater des Waldes« zu verleihen. Rund 350 Jahre ist die Buche alt und hat einen Durchmesser von mehreren Metern. Schon zur Biedermeierzeit spazierten Kurgäste aus Baden und Vöslau an der Herrgottsbuche vorbei. Einer davon war Beethoven, der hier die »Süße Stille des Waldes« genoss und sich von den Vogelstimmen zu neuen Kompositionen inspirieren ließ.

Herrgottsbuche 2023

So hätte man die Herrgottsbuche bis zum Anfang des Jahres 2023 beschrieben. Doch der einst so mächtige Baum hat eine Verwandlung ohnegleichen erfahren. Die üppige Krone, die einst den Himmel berührte, wurde abgeschnitten. Was übrig blieb, sind nur die kahlen Stämme, als Zeugen vergangener Pracht.

Rastplatz Bretzelbuche

Wir schreiten die stets ansteigende Forststraße entlang, unser nächstes Ziel fest im Blick: Rastplatz Bretzelbuche. Ein Ort mit Namen, der wie ein Kapitel aus einem schrulligen Märchen klingt. Es war jedoch Naturdenkmal, welches dem Rastplatz seinen Namen gab. Doch die Bretzelbuche fiel entweder der ungnädigen Laune eines Sturms oder der Kühnheit eines Fichtenmopeds zum Opfer.

Tipp: Verlängerung der Tour über den Gipfel des Hohen Lindkogel
Gerade aus geht es steil weiter zum Gipfel des Hohen Lindkogel, besser bekannt als »Eisernes Tor«. Eine schöne, aber sehr anstrengende Verlängerung dieser Tour um gute drei Kilometer. Dafür werdet ihr mit einem Schutzhaus, einer Aussichtswarte und schönen Ausblicken belohnt. Mehr dazu im Beitrag »AUF DEN SPUREN VON BEETHOVEN AM BEETHOVEN-RUNDWANDERWEG«

Durch den Murggengarten-Graben zur Ruine Merkenstein

Mystische Steine

An der Kreuzung bei der Bretzelbuche halten wir uns links und folgen der ansteigenden Forststraße Richtung »Murggengarten-Graben«, welchen wir nach einem guten Kilometer erreichen. Hier treffen wir auch auf diejenigen, die den Gipfel des Hohen Lindkogel erstürmt haben.

Ruine Merkenstein

Ruine Merkenstein

Unser nächstes Ziel ist die Ruine Merkenstein. Dafür folgen wir einfach den Hinweisschildern. Nach rund zwei Kilometer beschreibt die Forststraße eine Rechtskurve, wo ein Pfad zur Ruine Merkenstein führt. Doch gleich eines vorweg: Das Betreten der Ruine Merkenstein ist leider verboten.

Ruine Merkenstein

Um die sagenumwobene Ruine Merkenstein ranken sich Geschichten von Mystik und Geheimnissen. Die Geister verlorener Seelen sollen in den alten Gemäuern ihr Unwesen treiben. Ein Eldorado für für Okkultisten, die mit ihren Ouija-Brettern Kontakt zu Geistern und und jenen, die das Irdische verlassen haben, aufnehmen wollen.

Ruine Merkenstein

Die Ursprungslegende der Ruine Merkenstein liegt im Nebel der Geschichte verborgen. Bis zur zweiten Türkenbelagerung im Jahre 1683 widerstand die Burg jedem Angriff mit unerschütterlicher Standhaftigkeit. Auch die Muselmanen scheiterten anfangs an den dicken Burgmauern, sodass sie schon zum Rückzug bliesen. Die Burgbesatzung konnte ihren Jubel kaum zügeln. Eine Magd, von Übermut erfasst, erklomm den Burgturm und zeigte dem sich zurückziehenden Feind ihr entblößtes Hinterteil.

Ruine Merkenstein

Das trieb den türkischen Anführer derart in einen rasenden Zorn, dass er erneut den Befehl zum Angriff auf die Merkenstein gab. Diesmal gelang es den Türken die Festung zu erstürmen. Ein erbarmungsloses Gemetzel folgte, bei dem kein einziger Verteidiger dem brutalen Sturm standhalten konnte. Die Burg wurde geplündert und in Flammen gesetzt. Seit diesem tragischen Ereignis schwindet die einstige Pracht der Burg, langsam, doch unaufhaltsam.

Schloss Merkenstein

Schloss Merkenstein

Buchstäblich nur einen Steinwurf von den Burgruinen entfernt erhebt sich das Schloss Merkenstein. Das im englischen Tudor-Stil im Jahr 1843 im Auftrag des Grafen Münch-Bellinghausen errichtete Baujuwel, ist ein kleines Kunstwerk, das in den Annalen der Architekturgeschichte als eines der bedeutendsten Zeugnisse des romantischen Historismus in Österreich verankert ist. Leider bleiben die Pforten dieses Meisterwerks für Besucher verschlossen, da es sich im Privatbesitz befindet.

Im ehemaligen Landschaftsgarten von Schloss Merkenstein

Aussichtswarte Merkenstein

Schloss Merkenstein war einst von einem vielbewunderten Landschaftsgarten umgeben, in dem zahlreiche romantische Bauwerke die Natur in ihrer Pracht vervollkommneten. Unter ihnen finden sich ein Türkenbrunnen und eine Aussichtswarte, die bis zum heutigen Tag erhalten geblieben sind. Genau dorthin begeben wir uns nun. Wir lassen uns von der blau-gelb-blauen Markierung leiten, die uns links vom Schlosseingang einen Hügel hinaufführt.

Türkenbrunnen

Türkenbrunnen

Nach etwa 800 Metern erreichen wir den Türkenbrunnen, der sich ein wenig im Wald verbirgt. Der Name dieses Ortes trägt die Erinnerung an vergangene Türkenkriege in sich. Während der Belagerung der Burg Merkenstein im Jahr 1683 soll hier das Zelt des türkischen Befehlshabers gestanden haben. Der Türkenbrunnen, der einst auch als »Sieben Brunnen« bekannt war, erinnert mit einer anmutigen Kuppel, an die Form eines türkischen Hammams.

Türkenbrunnen

Im Inneren des Brunnenhauses führt ein verschlossener, rund 60 Meter langer unterirdischer Gang in den Berg hinein, an dessen Ende die Legende besagt, dass sieben Quellen entspringen. Für diejenigen mit einem Hang zur Esoterik besitzen Quellen mit dem Namen »Sieben Quellen« einen heidnischen Kultfaktor. An diesem Ort können sie ihre sieben Chakren reinigen oder die sieben kosmischen Gesetze deklamieren. Doch wir wählen den Pfad der Vernunft und verzichten auf diesen Reinigungsprozess. Stattdessen setzen wir unsere Wanderung fort und schreiten ein paar Schritte weiter zur Aussichtswarte, um den Blick über die Landschaft schweifen zu lassen.

Aussichtswarte Merkenstein

Aussichtswarte Merkenstein

Nur einige hundert Meter nordwestlich vom Türkenbrunnen erhebt sich auf einer weiten Lichtung die Aussichtswarte. Mächtige Eichen mit knorrigen Baumkronen verleihen der Lichtung einen Hauch von Mystik. Das zirpende Konzert der Grillen erfüllen die Luft und belebt die idyllische Blumenwiese.

Aussichtswarte Merkenstein

An dieser Stelle finden gleich zwei esoterisch geprägte Gruppierungen ihr Glück. Die Anhänger der »Jesus-Schlapfen-Esoterik« stürzen sich auf die alten Eichen und umarmen sie, um die vermeintlich heilenden Energien zu spüren. Ein kleines Dilemma entsteht jedoch, wenn die Bäume vom Eichenprozessionsspinner heimgesucht wurden. Denn der Kontakt mit diesen kleinen »Freunden« löst einen überaus unangenehmen Juckreiz aus. Statt spiritueller Heilung erlebt man dann eine unerwünschte Kratz-Odyssee, bis es schließlich blutig wird.

Aussichtswarte Merkenstein

Die zweite Gruppe, die sich hier versammeln könnte, sind die Anhänger der »Lichtnahrungs-Bewegung« Diese mutigen Seelen verzichten auf herkömmliche Nahrung und ernähren sich ausschließlich von Luft und Sonnenstrahlen. Die Wiese wäre der ideale Ort um noch einmal so richtig Licht zu tanken, bevor sie sich ihrem glücklichen Hungertod hingeben.

Schneebergblick vom Alten Turm von Merkenstein

Wir haben mittlerweile die rund 50 Stufen bis zur Holzgalerie der Warte überwunden. Nachdem wir die Holzverschläge vor den Fenstern geöffnet haben, genießen wir einen wunderbaren Ausblick über die Baumwipfel bis zum Schneeberg.

Kyselak war hier!

Auch Joseph Kyselak war schon einmal da! Dieser gilt als Urvater aller Sprayer. Kyselak hatte die Manie seinen Namenszug an den unmöglichsten Orten mit schwarzer Farbe aufzumalen. Auslöser dafür war eine Wette unter Freunden. Der Biedermeier-Sprayer aus Wien hatte gewettet, dass er innerhalb von drei Jahren in der ganzen Donaumonarchie bekannt sein werde, ohne ein Verbrechen zu begehen.

Aussichtswarte Merkenstein

Und dies ist Kyselak tatsächlich gelungen. Seinen Schriftzug findet ihr übrigens an der Turmmauer rechts von der Eingangstür. Nachdem wir wieder genug Kraft und Energie – in welcher Form auch immer – getankt haben, machen wir uns auf den Rückweg. Bis zum Schloss Merkenstein wandern wir auf demselben Weg wieder zurück.

Höhlen und Durchschlupfsteine

Höhlen rund um die Ruine Merkenstein

Zurück auf der Forststraße folgen wir der roten Markierung stetig talwärts. Links und rechts des Weges erheben sich mystischen Steinformationen mit zahlreiche Höhlen und Grotten. Sie tragen so klingende Namen, wie Merkensteinhöhle, Einsiedlerhöhle oder Färberkreuz-Durchschlupf. Das Wort »Durchschlupf« deutet wieder auf einen Kraftplatz hin.

Färberkreuz-Durchschlupf

In vergangenen Zeiten drängten sich Hilfesuchende durch einen schmalen Durchgang, um Krankheiten und Sünden am Stein abzustreifen. Für jene, die sich diesem alten Brauch hingeben möchten, sollten folgende wichtige Anweisung beachten: Der Durchgang muss in völliger Stille und ohne einen Blick zurück passiert werden, sonst verpufft der Zauber und seine Wirkung vermag sich nicht zu entfalten.

Fieberkreuz

Nur ein paar Schritte weiter steht das Färberkreuz, welches auch als Fieberkreuz bekannt ist. Der alte Bildstock soll zum Dank dafür gespendet worden sein, weil die Bewohner der umliegenden Dörfer von der Pest verschont blieben.

Vogelbeerbaum

Jetzt habt ihr es fast geschafft. Die Wanderung am Fuße des Hohen Lindkogel neigt sich dem Ende zu. Vom Färberkreuz ist es nur mehr ein Kilometer zum Ausgangspunkt der heutigen Wanderung zurück.

Zum Abschluss der Wanderung noch ein passendes Zitat von Emmanuel Kant »Wenn ein hypochondrischer Wind in den Eingeweiden tobt, so kommt es darauf an, welche Richtung er nimmt. Geht er abwärts, so wird daraus ein Furz, steigt er aber aufwärts, so ist es eine Erscheinung oder heilige Eingebung«. In diesem Sinne viel Spaß beim »Nach«Wandern dieser esoterischen Tour nahe Bad Vöslau.

NOCH MEHR FOTOS ZUR INSPIRATION?
Noch mehr Fotos von dieser »Esoterischen Wanderung« findet Ihr im Fotoalbum unter: »Mystischer Wienerwald«.

Wanderplan mit den gps-Koordinaten