
Der Tumulus-Radweg im Weinviertel entführt euch auf eine spannende Zeitreise. Was für die Ägypter die Pyramiden sind, sind für die Weinviertler die Tumuli – beeindruckende Grabhügel aus längst vergangenen Zeiten.
Hausleiten

Unsere Tumulus-Radtour beginnt in der Ortschaft Hausleiten, deren Pfarrkirche schon von Weitem sichtbar ist, da sie exponiert auf der steil abfallenden Geländekante des Wagrams thront. Bereits um 900 wurde »St. Agatha« von bayerischen Mönchen gegründet, um den Weinviertlern das Wort Gottes nahezubringen.
Der Tumulus von Gaisruck

Von Hausleiten würde der offizielle Radweg nach Gaisruck führen, wo sich der erste Tumulus befindet. Dieser Totenhügel markiert die letzte Ruhestätte eines lokalen Stammesfürsten aus der Zeit zwischen 850 und 450 v. Chr. Eine genauere Datierung ist mangels schriftlicher Aufzeichnungen nicht möglich.

Da wir die Radtour etwas abkürzen wollten und den Tumulus bereits im Rahmen einer Wanderung besucht haben, radeln wir daher von Hausleiten direkt weiter Richtung Zissersdorf und Sierndorf. Durch die Kellergasse geht es gleich einmal sportlich hinauf zur markanten Wagramkante. Anstrengend, aber der Ausblick über das Tullnerfeld entschädigt für alle Mühe.
Sierndorf

In Sierndorf legen wir einen sehenswerten Zwischenstopp ein und besuchen den englischen Landschaftsgarten von Schloss Sierndorf. Das Schloss selbst kann nur von außen bewundert werden. Ursprünglich als Ritterburg für die Herren von Sierndorf erbaut, wurde es im frühen 18. Jahrhundert unter den Grafen von Colloredo in ein elegantes Schloss umgestaltet.
Obermallebarn

Nach einer kurzen Verschnaufpause führt uns der Tumulus-Radweg entlang der Nordwestbahn nach Obermallebarn. Dort erwartet uns die Kapelle »Schmerzhafte Muttergottes« – ein Kleinod voller Geschichte. Einst befand sich darin eine hölzerne Marienstatue, um die sich viele Legenden ranken.

Besonders berührend ist die Geschichte eines armen Mädchens, das eine halb verwelkte Lilie als Opfer darbrachte – woraufhin diese zu blühen begann. Im Jahr 1831 berichteten Gläubige von einem weiteren Wunder, als die Statue angeblich Tränen vergoss – ein Ereignis, das einen regelrechten Ansturm von Wallfahrern auslöste. Heute hat die Marienfigur ihren Platz in der Pfarrkirche von Obermallebarn gefunden und wird dort bis heute verehrt.
Der steilste Anstieg der Tumulus-Radtour

Hinter Obermallebarn folgt der steilste Anstieg der gesamten Runde. Keuchend radeln wir hinauf nach Untergrub, wo eine Pause an der neugotischen Fröschl-Kapelle lohnt. Gestiftet hat dieses ungewöhnliche neugotische Bauwerk der Gastwirt Franz Fröschl im Jahr 1900 in der Hoffnung, dass er von einer schweren Lungenkrankheit geheilt würde. Doch dieser Wunsch blieb unerfüllt. Nur sieben Jahre später verstarb er an Tuberkulose.

Nach Ringendorf haben wir das »Dach der Tour« in 309 Metern Seehöhe erreicht. Der offizielle Radweg folgt nun der Straße nach Großmugl, doch dabei bleibt der berühmte Tumulus nur aus der Ferne sichtbar. Wir jedoch wählen einen holprigen Feldweg, der uns direkt zum Namensgeber dieser Radtour führt.
Der Tumulus von Großmugl

Nachdem wir auf dem Feldweg ordentlich durchgebeutelt wurden, erreichen wir den mächtigen Tumulus bei Großmugl, der wie ein gigantischer Maulwurfshügel aus der Weinviertler Landschaft ragt. Mit seinen 14 Metern Höhe und 50 Metern Durchmesser ist er das größte Hügelgrab Mitteleuropas und stammt aus der Hallstattzeit (750–450 v. Chr.). Bis heute wurde er nicht wissenschaftlich untersucht.

Die Grabanlage darunter misst etwa 5 × 4 Meter, mit schweren Holzbalken als Deckenkonstruktion. Man nimmt an, dass hier ein mächtiger Stammesherrscher bestattet wurde, dessen Residenz nicht weit entfernt auf dem Steinberg bei Ernstbrunn lag. Eine Legende erzählt von der Entstehung des Hügels: Jeder Untertan musste eine Handvoll Erde auf das Grab des Fürsten werfen. Ob es wirklich nur eine Handvoll Erde war oder mehrere Schubkarrenladungen wird vermutlich immer ein ungelöstes Rätsel der Menschheitsgeschichte bleiben.
Nächstes Ziel: Niederhollabrunn

Der folgende Streckenabschnitt ist landschaftlich weniger abwechslungsreich. Weite Felder dominieren das Bild, gelegentlich von Hochspannungsleitungen durchkreuzt – nicht gerade das Postkartenmotiv. Der Radweg verläuft dabei teils auf ruhigen Nebenstraßen, teils auf grob geschotterten Wegen. Warum ausgerechnet so grobkörniger Schotter verwendet wurde, bleibt wohl das gut gehütete Geheimnis der Wegplaner – oder vielleicht der Wegplanerin. Wir wollen an dieser Stelle ja schließlich politisch korrekt bleiben.

Über Roselsdorf, Streitdorf und Bruderndorf geht es vorbei an Schloss Niederfellabrunn bis nach Niederhollabrunn mit seiner stattlichen Pfarrkirche. Hier liegt ein weiterer Tumulus, der mit 10 Metern Höhe kleiner als sein »großer Bruder« in Großmugl ist, aber immer noch beeindruckend wirkt. Im 19. Jahrhundert führte man bei diesem Tumulus eine unsachgemäße Ausgrabung durch, von der alle Artefakte verschollen sind. Ein klassischer Fall für Indiana Jones, um sich auf die Jagd der verlorenen Schätze zu begeben.
Entlang am Fuße des Michelbergs

Nach zähen Schotterkilometern erleben wir ein Kuriosum der Strecke: Zwischen Niederhollabrunn und Haselbach verläuft die Tumulus-Radstrecke tatsächlich auf einem »Radhighway«. Sanft rollen wir am Fuße des Michelbergs entlang, dessen Plateau eine sehenswerte Wallfahrtskirche ziert. Ins Auge fallen auch die zahlreichen Kreuze und Marterln, die nicht nur an dieser Stelle, sondern entlang der gesamten Strecke zu entdecken sind.
Bergab nach Stockerau

Kurz nach Leitzersdorf sieht man schon den Kirchturm von Stockerau aus der Landschaft ragen. Kein Wunder, denn mit seinen 88 Metern ist er der höchste Kirchturm Niederösterreichs. Die Kirche ist zwar dem heiligen Stephanus geweiht, doch eng mit der Figur des heiligen Koloman verbunden. Koloman, ein irischer Königssohn, wurde 1012 auf Pilgerreise fälschlicherweise für einen ungarischen Spion gehalten und in Stockerau hingerichtet.

Sein Leichnam wurde an der Stelle der heutigen Kirche beigesetzt. Doch schon bald schilderten Gläubige zahlreiche Wunder an seinem Grab. Vielleicht aus schlechtem Gewissen oder aus anderen Gründen ließ der Babenberger Markgraf Heinrich I., der Starke, den Leichnam Kolomans später exhumieren und in seiner Residenz in Melk neu bestatten.
Zurück nach Hausleiten

Nachdem wir noch einen kurzen Blick auf die Bühne der diesjährigen Sommerfestspiele am Kirchenplatz von Stockerau geworfen haben, nehmen wir die letzte Etappe der Tumulus-Radtour in Angriff: Neun windige Kilometer führen uns über teils schier endlose Schotterwege zurück nach Hausleiten. Umso größer ist die Freude, nach diesem »faden« Streckenabschnitt endlich wieder das Ziel zu erreichen.
Fazit zur Tumulus-Radrunde

Die archäologischen Stätten und verborgenen Kleinode entlang des Tumulus-Radwegs machen die Tour zu einer besonderen Zeitreise. Die Landschaft dürfte dabei gerne etwas abwechslungsreicher sein, denn endlose Felder bestimmen vielerorts das Bild. Warum allerdings der Radweg stellenweise grob geschottert wurde, bleibt ebenso ein Geheimnis, wie das Innere des Tumulus von Großmugl.
Radwegkarte
Tourdaten

Radweg-Symbol: Grüne Tafel mit dem kleinem Tumulus-Symbol, sehr gut ausgeschildert!
Schwierigkeit: leicht bis mittel, zähe Steigung zwischen Untergrub und Ringendorf
Strecke: ca 56 km
Highlights der Strecke:
- Die Tumuli in Großmugl und Niederhollabrunn
- Schloss Sierndorf
Sonstiges:
- Die offizielle Variante des Tumulus-Radweges startet in Stockerau. Wir jedoch haben den Startpunkt nach Hausleiten verlegt.
- Die Strecke wurde etwas verkürzt, da die Schleife zum Tumulus bei Gaisruck ausgelassen wurde.
