RIESLING RADWEG – VON WEHRHAFTEN STÄDTEN UND IDYLLISCHEN KELLERGASSEN

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Der Riesling Radweg startet in Eggeburg und führt durch das westliche Weinviertel. Entdeckt dabei die mittelalterlichen Städte Eggenburg und Maissau, genießt die Ruhe der idyllischen Kellergassen und haltet Ausschau nach weiteren Kleinoden entlang des Rundwegs.

Eggenburg – Startpunkt des Riesling Radwegs

Hauptplatz von Eggenburg

Eggenburg ist die westlichste Stadt des Weinviertels und damit Tor ins angrenzende Waldviertel. Die typische Weinviertler Kleinstadt, die erstmals im 12. Jhdt als »Eginpurch« urkundlich erwähnt wurde, versteckt sich noch heute hinter einer mächtigen Stadtmauer.

Das gemalte Haus in Eggenburg

Fangen wir unsere Radtour mit einem Stadtrundgang an! Ein guter Ausgangspunkt dafür ist der weitläufige Hauptplatz bei der Dreifaltigkeitssäule. Prächtige Bürgerhäuser aus allen Architektur-Epochen säumen den Hauptplatz. Vom Barock bis zur Renaissance oder Spätgotik. »O Mensch, trinck und iss, Gott daneben nit vergis« lautet einer der Sprüche am »Gemalten Haus«, welches mit Sgraffiti aus dem Alten und Neuen Testament verziert ist.

Rathaus von Eggenburg

In der Barockzeit entwickelte sich Eggenburg zum Zentrum der Steinmetzkunst. Grundlage für das Aufblühen des Steinmetzhandwerks war der Zogelsdorfer Kalksandstein, der südlich von Eggenburg abgebaut wurde. An diese wirtschaftliche Blütezeit von Eggenburg erinnert das prachtvolle Stadtpalais des Steinmetzmeisters Leopold Fahrmacher. Heute befindet sich in diesem barocken Prachtbau das Rathaus der Stadt.

Pfarrkirche von Eggenburg

Zu den Sehenswürdigkeiten zählt auch die Pfarrkirche von Eggenburg, deren ältesten Bauteile aus der Zeit der Romanik stammen. Die weithin sichtbare Pfarrkirche gilt durch ihre zwei unterschiedlich hohen Kirchtürme, die beide niedriger sind als das mächtige Kirchenschiff, als das Wahrzeichen von Eggenburg.

Ehemaliges Kino von Eggenburg

Es gäbe noch vieles zu sehen, wie das Krahuletzmuseum oder das ehemaligen Lichtspielhaus aus dem Jahre 1917, welches nach Plänen von Clemens Holzmeister erbaut wurde. Aber es wird langsam Zeit, dass wir uns auf den Weg machen.

Die Kellergasse von Stoitzendorf

Kellergasse Stoitzendorf

Unser erstes Ziel ist die Kellergasse von Stoitzendorf, die sich selbst als das »Grinzing von Eggenburg« bezeichnet. Sein wir froh, dass sich dieser Slogan bis dato nicht über den Globus verbreitet hat. Denn wer möchte schon in dieser idyllischen Kellergasse auf Busladungen voll von gröhlender Touristen treffen.

Kellergasse Stoitzendorf

Schlösser, Klöster und Paläste findet man überall auf der Welt. Aber Kellergassen? Diese gehören zum Weinviertel, wie das Semmerl zum Gulasch oder der Senf zum Würstel. Einfache Keller und Presshäuser ohne Rauchfang reihen sich an beiden Hängen des breiten Hohlweges aneinander. Dazwischen spenden alte Nussbäume Schatten. Ein schöner Ort, der Ruhe und Gelassenheit ausströmt.

Kellergasse Stoitzendorf

Macht eine kurze Pause und lasst diese besondere Stimmung auf Euch wirken. Ein Weinhüterkreuz zwischen zwei Keller erinnert an frühere Traditionen. Jedes Jahr wurde das »Hiata-Kreuz« vor der Weinlese aufgestellt um Unwetter von den Weingärten abzuhalten. Gleichzeitig diente es potentiellen Traubendieben als Warnung sich von den Weinbergen fernzuhalten. Wurden die Spitzbuben beim Diebstahl erwischt, gab es zuerst einmal eine ordentliche Tracht Prügel und anschließend eine hohe Geldstrafe.

Schloss Stoitzendorf

Wir setzen unseren Weg fort. Nur ein paar Meter vom Riesling-Radweg entfernt liegt Schloss Stoitzendorf. Bis am Anfang des 20. Jhdt war das mehrfach umgebaute Schloss Sommersitz der Klosterneuburger Prälaten. Das Schloss befindet sich in Privatbesitz und kann nicht besichtigt werden. Da die Anlage auch von einer hohen Mauer umgeben ist, bleibt einem der Blick auf das Schloss leider verwehrt.

Von verschwundenen Mühlen und den schwersten flugfähigen Vögeln

Das Denkmal für die Wassermühlen

Blick auf Röschitz vom Riesling-Radweg

Flott geht es auf der fast flachen Strecke vorwärts. Felder dominieren das Landschaftsbild. In der Ferne erhebt sich rechter Hand die Kirche von Wartberg wie ein Leuchtturm aus den Erdschollen. Linker Hand ist die Kirche der Weinbaugemeinde Röschitz zu sehen.

An der Schmieda

Wir streifen das Ortsgebiet von Röschitz und folgen anschließend dem Lauf der Schmida. Jahrhundertelang nutzen bis zu 80 Mühlen zwischen Eggenburg und Tulln die Wasserkraft der Schmida als Antriebskraft. Nur eine davon ist heute noch in Betrieb.

Mühlendenkmal Roseldorf

An die 79 verschwundenen Mühlen erinnert das »Denkmal für die Wassermühlen« des slowenischen Künstlers Misha Stroj. Das dreiteilige Denkmal stellt verschiedene Bauteile einer Mühle dar, wie die Schaufeln des Wasserrades oder das Kammrad, welches die Mühlstange mit dem Mühlstein antreibt.

An der Schmieda

Über Kunst kann man vortrefflich diskutieren, denn Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Bei den Wasserradschaufeln könnte man meinen, »da hat jemand Betonplatten in einem Feld entsorgt«, während beim Kammrad die Assoziation mit einem esoterischen Anbetungsplatz nicht ganz von der Hand zu weisen ist.

Der Trappenturm von Roseldorf

Trappenturm Roseldorf

Lenken wir unsere gesamte Aufmerksamkeit auf den Trappenturm von Roseldorf, der auf einem kleinen Hügel am Ortsende thront. Die vom Radweg aus leicht zu erklimmenden Aussichtswarte bietet nicht nur den besten Fotoblick auf Roseldorf, sondern auch die Möglichkeit sich über die hier lebenden Großtrappen zu informieren.

Großtrappen-Attrappen

Mit einem Gewicht von bis zu 16 kg zählen die seltenen und weltweit gefährdeten Großtrappen zu den schwersten flugfähigen Vögeln der Welt. Seid also nicht enttäuscht, wenn ihr keine Großtrappe vor die Kameralinse bekommt! Als Trost bleibt Euch immer noch ein Selfie mit den hölzernen »Vertreten dieser Spezies«.

Pfarrkirche von Braunsdorf

Nach so viel Ornithologie wird es wieder an der Zeit sich auf den Sattel zu schwingen. Der Riesling-Radweg folgt weiter dem Lauf der Schmida und führt uns über Braunsdorf und Goggendorf nach Sitzendorf.

Der überdimensionierte Hauptplatz von Sitzendorf

Kellergasse von Sitzendorf

Sitzendorf empfängt uns typisch Weinviertlerisch! Mit einer 450 m langen Kellergasse, deren Presshäuser aus dem 19. Jhdt stammen und sich zeilenartig aneinanderreihen. Ein ausgesprochen schönes und stimmiges Entrée.

Hauptplatz von Sitzendorf

Die Besonderheit von Sitzendorf ist der riesige mit Bäumen begrünte Hauptplatz. Diesen verdanken die Sitzendorfer den legendenumwobenen Kuenringern, die einst die Grundherren über Sitzendorf waren.

Hauptplatz von Sitzendorf

Viele wunderschöne Häuser säumen den Platz, wobei zwei besonders hervorzuheben sind: das ehemalige Bürgerspital mit einem gotischen Erker und die Jugendstilvilla eines Schweizer Architekten. Nach einer Ehrenrunde über den Platz und einen kurzen Blick auf die leicht erhöht stehende Pfarrkirche verlassen wir nun die offizielle Riesling-Radroute und radeln weiter Richtung Niederschleinitz und Limberg.

Von Schlüsselgeschichten bis zur Grenze der Tonalität

Die Kellerschlüssel von Niederschleinitz

Kellergasse Niederschleinz

Über die kleine Gemeinde Niederschleinitz gibt es nicht viel zu sagen. Vielleicht nur so viel, auch hier gibt es eine Kellergasse. Interessant ist die »Schlüsselstory« über die uns eine Hinweistafel informiert. Noch heute sieht man an einigen Kellertüren mehrere Schlösser. Dies geht auf eine Zeit zurück, als die Bauern eines Ortes über einen gemeinsamen Weinkeller verfügten um ihre wertvolle Ware darin zu lagern.

Am Riesling-Radweg

Damit es jedoch nicht zu einem unerklärlichen Weinschwund kam, erhielt jeder Winzer ein eigenes Schloss mit Schlüssel, sodass der Keller nur gemeinsam betreten werden konnte. Diese Regelung brachte enorme Vorteile mit sich. So hatten die Winzer stets einen guten Grund sich zu treffen und dabei gleich den Wein zu verkosten. Andere konnten wiederum für ein paar Stunden dem keifenden Ehedrachen entfliehen.

Das Schloss hinter der »Limberger Mauer«

Schloss Limberg

Bis Limberg gibt es auf unserer Tour kaum Steigungen, doch damit ist es jetzt vorbei. Die Strecke wird nun hügeliger und erfordert mehr Kraftanstrengung. Limberg wäre einen Zwischenstopp wert, denn hier steht ein hübsches Schlösschen. Nur leider ist davon nicht zu sehen. Der heutige Besitzer des Schlosses, der bekannte Künstler Erwin Wurm, ließ eine so hohe Mauer errichten, dass nur das Türmchen des Schlosses von weitem zu sehen ist. Also radeln wir gleich nach Oberdürnbach weiter.

Gottfried von Einem in Oberdürnbach

Kellergasse Oberdürnbach

In dem am Fuße des Manhartsberges gelegenen Oberdürnbach verbrachte der Komponist Gottfried von Einem seine letzten Lebensjahre. Er bewohnte das ehemalige Schulhaus gegenüber der Kirche, wo heute ein kleines Museum eingerichtet ist.

Pfarrkirche Oberdürnbach

Einem gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen österreichischen Tonkünstler, dessen Kompositionen »innerhalb der Grenzen der Tonalität blieb«. Eine schöne Beschreibung, oder? Die Grenzen der Tonalität muss wahrscheinlich jeder persönlich für sich ausloten und bevor es philosophisch wird, machen wir uns lieber auf den Weg in das verschlafene Städtchen Maissau.

Wie Maissau zu seinem Namen kam

Znaimertor in Maissau

Maissau liegt am Fuße des Manhartsbergs, wo die unsichtbare Grenze zwischen Wein- und Waldviertel verläuft. Flott radeln wir durch das Znaimertor, wo schon die Postkutschen zwischen Wien und Prag durchrumpelten und einen Halt zum Wechseln der Pferde einlegten. Hier treffen wir auch wieder auf den offiziellen Riesling-Radweg.

Maissau

Die Herkunft des Ortsnamen gibt Experten Rätsel auf. Unwahrscheinlich ist, dass er sich von Mäusen ableitet. Während sich die Gelehrten noch heute die Köpfe darüber zerbrechen, kennt eine Legende des Rätsels Lösung. Dem Burggrafen und seinen Rittern rauchten im Rittersaal schon die Köpfe, weil sie sich auf keinen Namen einigen konnten. Plötzlich drang lauter Lärm vom Burghof in den Saal. Die Ritter eilten zum Fenster und sahen den Koch mit gezücktem Messer hinter einer Sau herlaufen, stets brüllend, »Hoit’s mei Sau!« Die Ritter blickten sich nur an und hatten alle denselben genialen Einfall: Die neue Stadt soll »Maissau« heißen.

Schloss Maissau

Das Ortsbild von Maissau wird geprägt von der Silhouette des mächtigen Schlosses. Im Kern gotisch wurde das Schloss im 19. Jhdt im Zeitgeist des Historismus umgestaltet. Die Herren von Maissau zählten im Spätmittelalter zu den mächtigsten, reichsten und angesehensten Adelsfamilien des Landes. Das Schloss befindet sich in Privatbesitz und kann leider nicht besichtigt werden.

Kreuzweg in Maissau

Atmen wir noch einmal durch, denn nun gilt es die Klippen des Urmeers zwischen Eggenburg und Maissau zu überwinden. Es ist der steilste Anstieg der Riesling-Radtour, quasi die »Glockner-Etappe«, die uns hinauf ins Waldviertel führt. Was für eine Symbolik für den nun beginnenden Leidensweg als wir über den Kreuzweg, Maissau verlassen.

Zwei Kleinode in Burgschleinitz

Kirche und Karner in Burgschleinitz

Ist der Berg erst einmal erklommen, geht es gemütlich weiter. Der Radweg führt nun entlang einer Hochebene durch lichte Wälder und Felder. Schon bald erreichen wir den Ort Burgschleinitz, der mit zwei Kleinoden aufwarten kann. Erstes Kleinod ist die Pfarrkirche mit dem spätgotischen Karner. Nicht nur ein hübsches Fotomotiv, sondern auch einen Besuch wert.

Burgschleinitz

Das zweite Kleinod von Burgschleinitz ist die gleichnamige Burg. Sie ist neben Heidenreichstein eine der letzten Wasserburgen des Waldviertels. Die Geschichte der Burg würde in Reiseführern als »bewegt« bezeichnet werden: Mehrere Besitzerwechsel, zerstört von den Hussiten, Wiederaufbau, niedergebrannt im 30jährigen Krieg, nochmaliger Wiederaufbau.

Burgschleinitz

Es gab im Laufe der Geschichte aber auch erfreuliche Momente. So verbrachte Franz Grillparzer einige Tage auf Burgschleinitz, wo ihm die Muse und nicht das Burggespenst küsste. Inspiriert von den alten Gemäuern skizzierte er die ersten Kapitel für das Drama »Die Ahnfrau«.

Der »Weiße Stein« von Zogelsdorf

Steinbruch in Zogelsdorf

Next and last Stopp: Zogelsdorf. Das kleine Örtchen ist seit Jahrhunderten für seine zahlreichen Steinbrüche bekannt. Einer davon ist der Johannessteinbruch, wo einst der bei Steinmetzen beliebte »Weiße Stein« abgebaut wurde. Seine Blütezeit erlebte dieser besondere Kalksandstein nachdem die Türkengefahr endgültig gebannt war und im Habsburgerreich ein wahrer Bauboom ausbrach.

Steinbruch in Zogelsdorf

Von der Karlskirche bis zum Schloss Schönbrunn, vom Palais Liechtenstein in Wien bis zur figuralen Ausstattung der Stifte Geras, Altenburg, Herzogenburg und Melk – es gibt kaum einen Prunkbau in Ostösterreich, wo der Stein nicht verwendet wurde.

Barbarakapelle am Rieslingradweg

Von Zogelsdorf sind es dann noch rund fünf gemütliche Kilometer bis wir wieder unseren Ausgangspunkt in Eggenburg erreichen.

Autorenfazit

Eine schöne Radtour mit vielen Kellergassen und zahlreichen Kleinoden entlang der Strecke. Auf alle Fälle empfiehlt sich auch ein Stadtspaziergang von Eggenburg. Mit Ausnahme des steilen Anstiegs bei Maissau und einem kurzen in Limberg, eine durchwegs gemütliche Radtour im Weinviertel.

FOTOALBUM
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einer Radtour am Rieslingradweg inspirieren konnten. Noch mehr Fotos zu dieser Radtour findet Ihr im Fotoalbum unter: RIESLING-RADWEG – VON WEHRHAFTEN STÄDTEN UND IDYLLISCHEN KELLERGASSEN

Streckenplan