Bei unserem letzten Besuch Ende der 90er Jahre glich die Hauptstadt der Slowakei noch einem ziemlich hässlichen Entlein. Doch Bratislava hat sich mittlerweile zu einem kleinen prächtigen Schwan entwickelt.
Natürlich darf man weiterhin keine imposanten Kathedralen oder prächtige Märchenschlösser erwarten. Dafür punktet die slowakische Hauptstadt mit zahlreichen Barockfassaden, originellen Statuen und einem UFO.
Es fährt ein Zug oder Schiff …
Zug oder Schiff, diese Frage müssen wir anfangs klären. Wir haben uns für beide Varianten entschieden – hin mit dem Twin City Liner, zurück mit der Bahn. Gerade einmal 75 Minuten benötigt das Tragflügelboot vom Schwedenplatz in das Zentrum von Bratislava. Die Altstadt von Bratislava ist überschaubar. Verirren ist kaum möglich, wenn man sich drei Orientierungspunkte einprägt: die Burg, die futuristisch wirkende SNP-Brücke und die Donau.
Michaelertor – Der Treueschwur der Könige
Das barocke Michaelertor mit seinem Zwiebeldach ist das einzig noch erhaltene von einst vier Toren der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Beim Aufstieg auf die Aussichtsplattform fühlt man sich ein wenig wie die Turmwächter, die hier residierten. Diese meldeten nicht nur Feuer in der Stadt, sondern alarmierten auch die Stadtbewohner, wenn sich fremden Soldaten näherten.
Als Bratislava Krönungsstadt des Königreichs Ungarn war (1563 bis 1830), mussten die gekrönten Häupter auf einem vorgeschriebenen Weg durch die Stadt ziehen. Dieser führte von der Burg über den Martinsdom zum Michaelertor, wo der neu gekrönte König vor dem Erzbischof der Stadt einen Treueschwur ablegen musste.
Martinsdom – Wo Maria Theresia zur ungarischen Königin gekrönt wurde
Wir folgen ein Stück der Michalská ulica, einer klassischen Touristengasse, wo sich Souvenirshops und Restaurants aneinanderreihen. Bereits am Morgen stauen sich hier die Touristen. Kaum haben wir aber die Michalská Richtung Kapitulská verlassen, wird es sofort ruhiger. Die Hausfassaden aus unterschiedlichsten Epochen versprühen viel Charme. Hier herrscht eine gemütliche, ja fast romantisch ländliche Atmosphäre.
Vor uns erhebt sich der Turm des ehemaligen Klarissenklosters, der uns an eine Miniaturausgabe des Südturms der Wiener Stephanskirche erinnert.
Am Ende der Kapitulská erwartet uns die Krönungskirche der ungarischen Könige, der Martinsdom. Nach der Besetzung eines Großteils von Ungarn durch die Türken im 16. Jhdt, wurde Bratislava die Hauptstadt des Königreichs Ungarn, welches nunmehr von den Habsburgern regiert wurde.
Die auf der Spitze des Turmes vergoldete Nachbildung der Stephanskrone erinnert noch heute daran, dass hier einst Maria Theresia zur ungarischen Königin gekrönt wurde.
Ursprünglich war der Martinsdom ein Teil der Stadtmauer. Und nachdem Wachposten auch gewisse menschliche Bedürfnisse verspürten, befindet sich rechts vom Haupttor ein kleines Türmchen mit einem mittelalterlichen Plumpsklo.
Gaffer, Spötter und der schöne Náci
Unser Weg führt uns weiter durch die Panská, wo ein kleiner nackter Mann frech aus der Nische eines Hauses blickt. Die Legende besagt, dass er, der Spötter, den Bewohner eines Nachbarhauses verspotten sollte, der stets heimlich aus einem kleinen Erkerfenster seine Nachbarn beobachtete.
Wer Bratislava besucht, trifft unweigerlich auf Čumil. Jede Touristin will ein Foto mit ihm. Ja sie stehen förmlich Schlange. Insbesondere bei den Asiatinnen herrscht Kreischalarm, obwohl er ihnen ständig unter die Röcke schaut. Die Rede ist nicht von einem Popstar, sondern vom Gaffer, einer weiteren kuriosen Skulptur in der Altstadt. Es handelt sich dabei um einen Kanalarbeiter der spitzbübisch aus einem Kanaldeckel schaut.
Das Herz der Altstadt von Bratislava
Vom Gaffer ist es ein Katzensprung in das Herz der Altstadt Der Hauptplatz ist das pulsierende Zentrum von Bratislava mit zahlreichen historischen Gebäuden und Palais. Hier tummeln sich nicht nur die Touristen, sondern auch Straßenkünstler und Zeichner, die willige Opfer porträtieren.
Der Hauptplatz wird dominiert vom “Alten Rathaus”, dem ältesten Gebäude der Stadt. Nachdem wir gerne schöne Aussichtspunkte suchen, ist der Besuch des Rathausturmes Pflicht. Von hier genießen wir eine tolle Aussicht auf Bratislava und den Hauptplatz selbst. Während zu unseren Füßen die Menschen herumwuseln, können wir von hier oben ganz gemütlich die Palais am Hauptplatz bewundern.
So wie das Rokoko Palais Kutscherfeld, wo der russische Pianist Anton Rubinstein lebte und komponierte. Oder das Statthalterpalais und ein im Jugendstil errichtetes ehemaliges Bankhaus.
Die mit Abstand meist fotografierte Sehenswürdigkeit am Hauptplatz ist die Statue eines napoleonischen Soldaten. Er war 1805 mit Napoleon in Bratislava einmarschiert. Gemütlich lehnt er an einer Sitzbank und bittet förmlich um ein Selfie. Hubert soll er geheißen haben und verliebt soll er auch gewesen sein. Es muss ganz schön zwischen ihm und einer Paulina aus Poszonyi geprickelt haben, dass er den Dienst in der französischen Armee quittierte und fortan Champus in Bratislava braute. Die Sektmarke Hubert gibt es sogar noch heute.
Bevor wir aber unseren Streifzug durch Bratislava fortsetzen, gönnen wir uns noch einen Kaffee im Traditionscafé Mayer, einer Institution im Herzen der Altstadt. Am Eingang des Cafés begrüßt uns der “Schöne Náci”, ein stadtbekanntes Original. Seine Markenzeichen: Zylinder, Frack und Lackschuhe. Damen sprach er stets mit den Worten „Küss die Hand gnädige Frau“ an.
Immer das Gscher mit dem Napoelon
Gut gestärkt geht es weiter durch den Innenhof des “Alten Rathauses” zum klassizistischen Primatialpalais. Einst als Kardinalsresidenz errichtet, dient der Palast heute als Museum.
1805 wurde im Primatialpalais der Pressburger Friede zwischen dem Habsburgerreich und Napoleon unterzeichnet, nachdem die österreichischen Truppen bei Austerlitz vernichtend geschlagen worden waren. Österreich verlor durch den Friedensschluss Venetien, Istrien, Dalmatien, Tirol und Vorarlberg.
Die Promenade – Sehen und gesehen werden
Bevor wir uns auf den Weg zur schönsten Jugendstilkirche von Bratislava machen, unternehmen wir noch einen kurzen Abstecher auf die Promenade. Dieser mit Bäumen gesäumte Prachtboulevard lädt zum Flanieren, Kaffeetrinken oder einfach nur zum Schauen ein.
Zu unseren beiden Lieblingsfotomotiven küren wir hier das Slowakische Nationaltheater und die Statue des dänischen Dichters Hans Christian Andersen. Dieser soll bei seinem Besuch von Bratislava auf die Frage, ob er ein Märchen über die Stadt schreiben wolle, geantwortet haben, “Nicht nötig, die Stadt selbst ist schon ein Märchen”. So lautet zumindest die Mär.
Die ganze Welt ist himmelblau
Wien hat die blaue Donau, Bratislava eine blaue Jugendstilkirche. Diese ist rund 10 Minuten per pedes vom Innenstadtzentrum entfernt und befindet sich in der Bezručova. Nicht nur die himmelblaue Fassade der Kirche ist auffallend sondern auch der orientalisch anmutende Kirchenturm.
Manche Reiseführer behaupten, dass sich der ungarische Architekt Lechner vom berühmten Gaudi hat inspirieren lassen. Diesen Vergleich halten wir aber doch für ein wenig übertrieben. Uns erinnert die Kirche mehr an Hundertwasser.
Über sieben Brücken musst Du gehen – aber in Wahrheit sind es eh nur zwei
Nach einem weiteren zehnminütigen Spaziergang erreichen wir das Donauufer und den modernen Einkaufstempel Eurovea. Diese wabenartige Glas-Stahlkonstruktion ist auf alle Fälle einen kurzen Besuch wert und für notorische Shopper sowieso.
Nett zum Anschauen und sehr fotogen sind die zahlreichen Zirkusfiguren, die in der Shoppingmall aufgestellt sind.
An der Donaulände spazieren wir zurück zur “Alten Brücke”. Zahlreiche Lokale laden zu einem Cocktail oder einem Kaffee ein. Wir können der Versuchung nicht wiederstehen und legen eine Pause ein. Der Blick auf die Donau und die entspannte Atmosphäre lassen ein gewisses Urlaubsfeeling hochkommen.
Ein UFO ist gelandet
Bei der “Alten Brücke” überqueren wir die Donau und spazieren durch den Aupark bis zur spektakulären SNP-Brücke.
Ihrer Errichtung in den späten 60er Jahren gingen zahlreiche Proteste voraus, da für den Brückenbau ein Teil der Altstadt geopfert werden sollte. Demokratie wurde bekanntlich im Kommunismus nicht gerade großgeschrieben und so wurden Teile der Altstadt dem Erdboden gleichgemacht um die 430 Meter lange Schrägseilbrücke und die notwendigen Zubringerstraßen errichten zu können.
Mittlerweile gilt die futuristisch wirkende SNP-Brücke als Wahrzeichen von Bratislava und wurde 2001 zum “Bauwerk des Jahrhunderts” gekürt.
Hoch oben auf dem Brückenpfeiler thront das UFO, ein Restaurant mit Aussichtsterrasse. Den Panoramablick über Bratislava möchten wir keinesfalls versäumen. Die Warteschlange vor dem Lift ist erträglich und schon nach kurzer Zeit können wir den einzigartigen Panoramablick auf die Altstadt, die Burg und den realsozialistischen Stadtteil Petržalka, der größten Plattenbausiedlung Europas, genießen.
Von hier sieht man aber leider auch die vielbefahrene vierspurige “Tangente von Bratislava”, die eine mächtige Schneise durch das historische Zentrum schlägt. Städtebaulich, der absolute Wahnsinn. Nachdem wir auf der SNP-Brücke die Donau neuerlich überquert haben, spazieren wir zur letzten Sehenswürdigkeit, die wir uns auf unserem Tagesausflug nach Bratislava vorgenommen haben.
Der Burgberg ruft
Vorbei am entzückenden “Haus des guten Hirten” aus der Zeit des Rokoko, führt der Weg steil bergauf zur Burg von Bratislava. Ob sich der Aufstieg tatsächlich lohnt, sei dahingestellt. Viel zu sehen gibt es – aus unserer Sicht – jedenfalls nicht.
Der Weg um die Burgmauern und der kleine Barockgarten sind aber recht hübsch gestaltet. Sparefrohs, die die kostenpflichtigen Aussichtsplattformen des UFOs, “Alten Rathauses” oder Michaelertors nicht besucht haben, bekommen hier einen Gratisausblick auf weite Teile der Stadt.
Insbesondere Kaiserin Maria Theresia zeigte großes Interesse, die Burg zu einer prächtigen Schlossanlage ausbauen zu lassen. Doch aufgrund des Krieges mit Preußen waren die Staatskassen leer und der Ausbau auf die lange Bank verschoben. Immerhin entwickelte sich das damalige Pressburg zur größten und wichtigsten Stadt des gesamten Königreichs Ungarn.
Wir spazieren zurück zum Hauptplatz. Von hier ist es ein knapp 20 minütiger Spaziergang zum Bahnhof, wo schon der Zug nach Wien auf uns wartet. Eine Stunde später kommen wir schon wieder am Wiener Hauptbahnhof an.
NOCH MEHR FOTOS ZUR INSPIRATION?
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einem Ausflug nach Bratislava inspirieren konnten. Noch mehr Fotos aus der Hauptstadt der Slowakei findet Ihr im Fotoalbum unter: STADTRUNDGANG DURCH BRATISLAVA