Iphofen, das charmantes Städtchen in Unterfranken, besticht durch seine vollständig erhaltene mittelalterliche Stadtmauer und eine lebendige Weinkultur.
Iphofen: Stadtmauer, Tore und Türme

Wer Iphofen noch nicht kennt, hat eine echte fränkische Perle verpasst. Eingebettet in sanfte Weinberge und mit einer Altstadt, die aussieht, als hätte sie sich in den letzten Jahrhunderten kaum verändert, bietet Iphofen Geschichte zum Anfassen und zum Genießen. Der Rundgang beginnt am besten dort, wo sich im Jahr 1525 aufgebrachte Bauern im »Deutschen Bauernkrieg« sprichwörtlich die Zähne ausgebissen haben: an der vollständig erhaltenen Stadtmauer.

Wer heute durch eines der mittelalterlichen Stadttore schreitet, kann sich gut vorstellen, wie sich hier vor Jahrhunderten die Karren der Händler und Bauern stauten, Pilger zur Heilig-Blut-Kirche strömten, Handwerksgesellen auf Wanderschaft gingen – und sich auch der ein oder andere zwielichtige Geselle unter das Volk mischte.

Besonders eindrucksvoll ist das Rödelseer Tor mit dem wuchtigen Mittagsturm, der gerne auch als Arrestzelle für verdächtige Spitzbuben diente. Mit gutem Grund gilt das Tor als das Wahrzeichen und beliebteste Fotomotiv der Stadt. Es wurde bereits Ende des 13. Jahrhunderts erbaut und ist damit der älteste erhaltene Teil der Stadtbefestigung. Hier wachten früher die Torwächter – und achteten streng darauf, dass keine unerwünschten Personen wie Fremde, Bettler, Kranke oder Vagabunden Einlass nach Iphofen fanden.
Iphofen und seine Kirchen

Die Kirchendichte in Iphofen ist für eine kleine Stadt mit knapp 5.000 Einwohnern erstaunlich hoch – sie macht sogar Würzburg ernsthafte Konkurrenz. Fangen wir an mit der großen Stadtpfarrkirche St. Vitus, einem echten Schmuckstück. Ihr heutiges Aussehen verdankt die Hallenkirche einer rund 200-jährigen Bauzeit.

Ganze Generationen haben an diesem Bau mitgewirkt. Entstanden ist ein imposanter spätgotischer Bau mit einem Schuss Renaissance und einer Prise Barock. Im Inneren des Gotteshauses gibte es alles, was das Herz klassischer Kirchenkunst höherschlagen lässt: geschnitzte Altäre, Wandmalereien aus der Spätrenaissance und eine kostbare Heiligenfigur von Tilman Riemenschneider – dem berühmten Bildhauer an der Schwelle von Spätgotik und Renaissance.

Nur ein paar Schritte weiter – rund 300 Meter – steht die zweitwichtigste Kirche von Iphofen. Und nicht irgendeine: eine Wallfahrtskirche mit einer spannenden Legende. Wallfahrtskirchen sind bekanntlich Orte, an denen Blinde plötzlich wieder sehen und Lahme fröhlich ihre Krücken wegwarfen und leichtfüßig davonhüpften. In Iphofen lief das Wunder etwas… blutiger ab.

Im 17. Jahrhundert soll eine Hostie mit Messern geschändet worden sein! Und siehe da: Aus ihr trat das Blut Christi. Ob’s stimmt, bleibt Glaubenssache. Tatsache ist, dass seitdem Pilger nach Iphofen strömen, das Gotteshaus den Namen »Kirche zum Heiligen Blut« bekam und der ganze Ort vom Wunder profitierte. Von der Kirche über die Wirtshäuser bis hin zu den Weinbauern – alle hatten plötzlich einen Grund zur Dankbarkeit. Ein Wunder, das auch wirtschaftlich wirkte.

Neben den beiden bereits erwähnten Kirchen lohnt sich auch ein Blick auf die kleine Michaelskapelle direkt neben der Stadtpfarrkirche. Sie diente jahrhundertelang als Beinhaus. Dorthin kamen all jene Gebeine, die zuvor am Gottesacker in Gräbern ruhten, bevor diese für neue Bestattungen freigemacht wurden. Praktisch gedacht, etwas makaber – aber damals völlig normal. Der Vollständigkeit halber sei auch die vierte Kirche Iphofens erwähnt: die Spitalkirche St. Johannes mit dem angeschlossenen Bürgerspital.
Silvaner, Riesling, Scheurebe – und Bocksbeutel

Iphofen ist umgeben von berühmten Weinlagen wie den Julius-Echter-Berg, wo sich die Reben genüsslich in der Sonne räkeln. Diese Lage gehört zu den bekanntesten und besten in ganz Franken. Der Boden – eine feine Mischung aus Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper – ist wie gemacht für Silvaner, Riesling, Bacchus oder Justus. Weinbau hat in Iphofen lange Tradition: Schon im Frühmittelalter begannen die Menschen hier, Reben zu pflanzen.

Apropos Geschichte: Auch der britische Hochadel weiß fränkischen Wein zu schätzen. Zur Krönung von Königin Elizabeth II. im Jahr 1953 wurde kein Geringerer als ein Riesling aus dem Julius-Echter-Berg, Jahrgang 1950, serviert. Spätestens seit dieser Anekdote wissen wir, dass der Riesling aus Iphofen wahrlich royale Klasse hat.

Und was sagt ein Wiener, sozialisiert vom Grünen Veltliner und skeptisch von Natur aus zum hiesigen Wein: Er nimmt einen Schluck, schaut lang ins Glas, dann noch einmal – und sagt schließlich mit einem höflichen Nicken: »Interessant.« Was in Wien bekanntlich irgendwo zwischen »gar net so schlecht« und »wo gibt’s was Gescheiteres?« liegt. Dann lächelt er und trinkt tapfer aus Anstand das Glas aus. Wer in Iphofen Wein trinkt, tut das meist aus einem echten fränkischen Bocksbeutel, jener bauchigen Flasche, die aussieht wie eine Mischung aus Feldflasche und Parfumflakon.
Aussichten für Genießer: Terroir f Iphofen & Terroir f Rödelsee

Für alle, die nach dem kurzen Stadtrundgang noch nicht gleich den Iphöfner Wein verkosten wollen, empfehlen wir eine kurze Wanderung zu den beiden »terroir f«-Aussichtspunkten in Iphofen und Rödelsee. Der Name »terroir f«-setzt sich zusammen aus dem lateinischen terra (Erde, Boden) und dem französischen terroir (Gebiet). Die terroir f-Orte liegen über oder in den Weinbergen und bieten herrliche Aussichten über die fränkische Landschaft und das fränkische Rebenmeer.

Der Aussichtspunkt »terroir f Iphofen« liegt rund drei Kilometer von der Stadtpfarrkirche entfernt. Der Weg führt durch das Rödelseer Stadttor und dann – begleitet vom Weinlehrpfad – mitten durch die Weinberge hinauf zum Aussichtspunkt. Je nach Kondition dauert der Aufstieg etwa 45 Minuten. Oben angekommen, bietet ein schlichter Rundturm nicht nur einen schönen Blick, sondern auch eine kleine geografische Überraschung: Auf der Plattform lassen sich die Entfernungen Frankens zu ausgewählten Weinländern wie Italien, Frankreich oder Kalifornien ablesen.

Noch ein Stückchen weiter, rund 600 Meter entfernt, wartet auf uns der für unseren Geschmack spektakulärere »terroir f Rödelsee«. Nicht nur der Blick ist großartig – es ist vor allem die Aussichtswarte selbst, die Eindruck macht:

Strahlend weiß steht sie inmitten der Reben und wirkt ein bisserl wie ein überdimensioniertes Opernglas, das man betreten kann. Man steigt hinein, schaut hinaus – und plötzlich liegt einem das halbe Weinland zu Füßen.
Und noch ein Ausflug- oder Wandertipp: Mainbernheim

Nur rund vier Kilometer von Iphofen entfernt liegt Mainbernheim – ein Städtchen wie aus dem Bilderbuch, bequem auch im Rahmen einer Rundwanderung erreichbar. Wie Iphofen ist auch Mainbernheim von einer vollständig erhaltenen Stadtmauer umgeben, mitsamt Türmen – darunter ein besonders fotogenes Trio, das vermutlich auf so manchem Urlaubsfoto zu finden ist.

Drinnen in der Altstadt reiht sich Haus an Haus, wie’s halt früher üblich war – vom stattlichen Handelshaus bis zum Ackerbürgerdomizil. Wahrzeichen der Stadt ist die evangelisch-lutherische Pfarrkirche St. Johannis – ein schlichter, aber eindrucksvoller Saalbau im sogenannten Markgrafenstil, dessen Turm weit über die Dächer hinausragt. Gleich gegenüber steht das stolze Rathaus von 1548, das mit Stufengiebeln und Renaissanceformen die Selbstständigkeit der Stadtbürger bis heute sichtbar macht.

Und wer früher nach Mainbernheim hineinwollte, kam an zwei gewaltigen Tortürmen nicht vorbei. Frühmorgens wurden die Tore geöffnet, und die Stadtknechte saßen dort den ganzen Tag – wachsam, aber wahrscheinlich auch ein bisserl grantig. Jeder, der hineinwollte, wurde kontrolliert – ob zu Fuß, zu Ross oder mit dem Karren.

Von Mainbernheim geht’s über Felder und Wiesen weiter nach Fröhstockheim. Von dort ist es nur mehr ein Katzensprung in die Weinbaugemeinde Rödelsee.

Dort wartet gleich beim Rathaus ein kleiner Dorfsee, der einmal zur Wasserburg von Rödelsee gehörte. Von dieser ist aber nichts mehr zu sehen, da diese im Bauernkrieg 1525 geplündert und abgefackelt wurde. Wie das halt so war in den damaligen rustikalen Zeiten.

Nach einem Blick aufs Rathaus und die beiden Kirchen geht’s durch die Weinfelder zurück Richtung Iphofen. Besonders sehenswert am Rückweg: der Jüdische Friedhof, einer der größten in Bayern. Er wurde schon im 15. Jahrhundert angelegt und 1432 erstmals urkundlich erwähnt – eine stille, ehrwürdige Gedenkstätte mitten in der Landschaft. Von dort sind’s dann nur noch gut zwei Kilometer bis zum Ausgangspunkt.

Alles in allem eine gemütliche Rundwanderung mit rund 11 Kilometern – keine große Bergtour, aber genug, um sich danach einen Schoppen verdient zu haben.
Wanderkarte:
Fazit

Iphofen ist so ein Ort, wo man sich denkt: »Na schau, das gibt’s also wirklich noch.« Klein genug, dass man es bequem zu Fuß erkunden kann, aber groß genug, um sich einen ganzen Tag lang genüsslich treiben zu lassen. Iphofen ist nichts für Eilige – aber perfekt für alle, die gern ein bisserl schauen, ein bisserl kosten und das Leben nicht ganz so verbissen nehmen. Ideal auch für einen Ausflug von Würzburg.
