
Diese abwechslungsreiche Rundwanderung führt euch durch den Rohrwald bei Stockerau – mit einem historischen Abstecher zu den Schwedenhöhlen und einem panoramareichen Finale auf dem Michelberg. Mit 409 Metern ist er zwar kein Riese unter den niederösterreichischen Gipfeln, aber was ihm an Höhe fehlt, macht er mit Aussicht locker wett: Ein 1A-Blick über das Weinviertel bis nach Wien erwartet euch dort oben!
Route zu den historischen Schwedenhöhlen im Rohrwald

Gestartet wird beim Gasthaus »Goldenes Bründl«, das gleichsam als Basislager für diese rund 12 Kilometer lange Rundwanderung dient. Die erste Etappe führt uns zu den sagenumwobenen Schwedenhöhlen – in Löss geschlagene Erdhöhlen, die während des 30 jährigen Krieges als Zufluchtsort dienten. Damals, im Jahr 1645, fegte der schwedische Feldherr Tortstensson mit seinem 16.000 Mann starken Heer wie ein Feuersturm über das Weinviertel bis nach Wien.

Der Legende nach flüchteten die Bewohner der umliegenden Dörfer vor den herannahenden schwedischen Truppen hierher und nutzten die Erdhöhlen als Versteck. Das Wien 1529 und 1683 von den Türken belagert wurde, wissen die meisten. Weniger bekannt ist, dass 1645 auch die Schweden vor den Toren Wiens standen und weite Teile des Weinviertels besetzt hielten.

Als Tortstensson und seine Truppen nach der erfolglosen Belagerung Wiens wieder abzogen, hinterließen sie eine Spur der Verwüstung im Weinviertel. Dörfer gingen in Flammen auf, die naheliegende Burg Kreuzenstein wurde gesprengt.

Wandern wir weiter. Die Steigungen auf diesem Rundweg halten sich in Grenzen. Wiesen und Mischwälder wechseln sich ab. Nur die Markierungen sind, um es vorsichtig auszudrücken, ausbaufähig. Wer nicht zufällig Pfadfinder war oder übernatürliche Orientierungskräfte besitzt, sollte zur Sicherheit die GPS-Daten herunterladen – oder, ganz retro, eine Wanderkarte einstecken.
Weinviertler Jakobsweg zum Michelberg Gipfel

Zuerst wandern wir noch ein Stück dem Rohrbach entlang und folgen danach dem Weinviertler Jakobsweg, der uns direkt auf den kahlen Gipfel des Michelberges führt. Der Weg ist anfangs flach, danach steigt er stetig, aber mäßig leicht an. Und, zu unserer Überraschung, der Pilgerweg ist gut markiert. Der Jakobsweg Weinviertel wurde 2010 beschildert und verläuft von Drasenhofen an der tschechischen Grenze bis nach Krems an der Donau.

Und für alle Sprachliebhaber: Habt ihr gewusst, dass in früheren Zeiten Pilger als »Urlauber« bezeichnet wurden? Der Begriff »Urlauber« geht auf das mittelhochdeutsche »urloup« zurück – also die Erlaubnis, das Land des Dienstherrn zu verlassen. Pilgern war demnach der frühe Prototyp des Pauschalurlaubs – allerdings ohne Cocktails, keinem All-You-Can-Eat-Buffet, aber dafür jede Menge Buße und Blasen.
Lavendelfelder am Steinberg – Provence-Feeling im Weinviertel

Schon bald erreichen wir die Höhen des Steinbergs – und werden dort überrascht: Ein blühendes Lavendelfeld! Das kräftige Lila leuchtet wie gemalt, als hätte Claude Monet hier persönlich den Pinsel geschwungen. Fast könnte man meinen, dass man versehentlich bis in die Provence gewandert ist. Das leise Summen der Bienen sorgt für meditative Klangkulisse, nur die Strommasten am Rand erinnern daran, dass wir doch noch im niederösterreichischen Alltag weilen.

Ursprünglich war Lavendel nur in den Küstenregionen des Mittelmeerraums beheimatet. Doch durch das immer wärmer werdende Klima fühlt sich der Lavendel inzwischen auch im Weinviertel wohl. Wer also etwa von Mitte Juni bis Ende Juli diese Wanderung unternimmt, kann dieses wunderbare lilafarbene Meer entdecken.
Der Michelberg – von heidnisch bis heilig

Der finale Aufstieg führt über einen Wald- und Wiesenpfad zur Spitze des Michelbergs – einem Ort mit bemerkenswerter spiritueller Geschichte. Schon in der Bronzezeit als Kultstätte verehrt, versuchte man ab dem 9. Jahrhundert mit dem Bau einer Kapelle, die »heidnischen Umtriebe« und die Anbetung »heidnischer Götzen« einzudämmen.

Im Barock wurde der Michelberg zum florierenden Wallfahrtsort. Tausende Gläubige strömten herbei, nachdem Gläubige von einem schwitzenden Marienbild in der alten Kirche berichteten. Was für ein Wunder!

Es wäre beinahe ein Wunder gewesen, hätte sich hier kein Wunder ereignet. Gerade im Zeitalter der Gegenreformation und im Barock zählten »Mirakel« als sicherer Beweis für den »rechten Glauben«. Ein Glück, dass es zu dieser Zeit noch keine »asozialen Medien« gab, denn die Bilder wären zweifellos millionenfach unter dem Hashtag »#MirakelMichelberg« geteilt worden.

Um die Zahl der Pilger – und auch die der klingenden Münzen in den Opferstöcken – weiter zu steigern, ersetzte man 1745 die alte Kirche durch einen prachtvollen Barockbau. Doch die Freude über das neue Gotteshaus war von kurzer Dauer: Kaiser Joseph II. zeigte sich wenig beeindruckt von Wunderberichten und Weihrauch – und ließ die Wallfahrtskirche 1785 im Zuge seiner Reformen kurzerhand schließen und abreißen.

Die heutige Kapelle entstand 1867 als Dank dafür, dass die umliegenden Dörfer im preußisch-österreichischen Krieg 1866 nicht verwüstet wurden und vom Ausbruch der Cholera verschont blieben. Genug der Geschichte! Genießen wir lieber die Fernsicht, die bei klarem Wetter weit ins Tullnerfeld, Weinviertel oder Wien reicht.
Rückweg durch den Rohrwald

Treten wir den Rückweg an. Ein breiter Wiesenweg führt uns anfangs bergab. Nahe dem großen Parkplatz wechseln wir auf einen stellenweise grün markierten Waldweg, der uns entlang des Wiesenbaches wieder zurück zum Ausgangspunkt bringt. Wir wünschen Euch viel Spass beim »Nach«Wandern!
FOTOALBUM
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einer Wanderung auf den Michelberg inspirieren konnten. Noch mehr Fotos zu dieser Wanderung findet Ihr im Fotoalbum unter: Wandern Rohrwald – Von den Schwedenhöhlen zum Michelberg
Wanderdetails auf einen Blick
- Start & Ziel: Gasthaus Goldenes Bründl
- Länge: ca. 12 km, ca. 14.000 Schritte
- Dauer: 3–4 Stunden
- Höhenmeter: ca. 250 m
- Beste Zeit: Ganzjährig, Lavendelblüte im Juni/Juli
- Highlights: Schwedenhöhlen, Lavendelfeld, Aussicht vom Michelberg
- Tipp 1: GPS-Daten oder Karte mitnehmen
- Tipp 2: Wer jetzt Lust bekommen hat, noch einen weiteren Pilgerweg zu erkunden, dem legen wir unsere Tageswanderung von Perchtoldsdorf nach Heiligenkreuz besonders ans Herz.
Hinweis: Diese Wanderung wurde im April 2021 erstmals unternommen und im Juni 2025 aktualisiert. Die Fotos sind zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstanden – je nach Jahreszeit zeigt sich die Natur von einer anderen Seite.
