Ausgangspunkt der Pilger-Wanderung ist Perchtoldsdorf, im Volksmund Petersdorf genannt. Von hier führt die Via Sacra durch den Naturpark Föhrenberge über Sittendorf und Mayerling nach Heiligenkreuz.
Perchtoldsdorf – Startpunkt der Via Sacra
Wahrzeichen von Perchtoldsdorf ist der markante Wehrturm am Marktplatz. Gemeinsam mit der Pfarrkirche und der Pestsäule bildet dieser das Zentrum.
Bei einem Rundgang über den Marktplatz stoße ich auf geheimnisvolle Buchstaben am Boden. Diese erinnern an die Schauplätze des Gemetzels von Perchtoldsdorf. 1683 belagerten die Türken den Ort. Die Verteidiger kämpften bis zur letzten Kugel.
Überraschenderweise boten die Angreifer den Bewohnern eine ehrenvolle Kapitulation gegen Lösegeld an. Die Bewohner willigten ein, zahlten das Lösegeld und wurden anschließend massakriert. Das nennt man Kriegslist. Nur schöne Frauen wurden verschont und auf Sklavenmärkten verschachert.
Genug der blutigen Geschichte. Ich mache mich auf den Weg. Vom Wehrturm in Perchtoldsdorf bis zum Stift Heiligenkreuz beträgt die reine Gehzeit rund dreieinhalb Stunden. Die 16 km lange Wanderung folgt dem Wiener Wallfahrerweg 06. Dieser traditionelle Pilgerweg führt durch den Naturpark Föhrenberge und Sittendorf nach Heiligenkreuz. Gelbe Hinweisschilder weisen mir den Weg. Es geht stetig bergauf.
Spätherbst im Naturpark Föhrenberge. Die letzten bunten Blätter hängen noch an den Bäumen. Auf den ersten sechs Kilometern bringen mich drei Schutzhütten in Versuchung eine Rast einzulegen: Das Franz Ferdinand-Schutzhaus am Parapluieberg, die Kammersteiner-Hütte und das Gasthaus “Zur Kugelwiese”.
Kammersteiner-Hütte und Josefswarte
Die Kammersteiner-Hütte und die Josefswarte stehen am höchsten Gipfel der Föhrenberge (575 Meter). Der magische Duft des Wiener Schnitzerls zieht mich förmlich in das Schutzhaus. Ich widerstehe der Versuchung, steige lieber die elf Meter hohe Josefswarte hinauf. Benannt nach dem Anatom Josef Hyrtl bietet die Warte einen prächtigen Ausblick – von den Voralpen bis hin zu den kleinen Karpaten. Aber nur bei prächtigen Wetter.
Teufelstein, Höllenstein – entlang des Weges treibt Luzifer sein Unwesen. Zum Schutz vor dem Teufel errichteten die Pilger Marterln. Dreimal bekreuzigten um jegliches Unheil abzuwenden und schon geht es weiter Richtung Sittendorf.
Burg Wildegg
Am Ortsrand von Sittendorf erhebt sich die Burg Wildegg über der kleinen Wienerwald-Gemeinde. Die Felsenburg war Teil eines Burgengürtels, der das Babenberger-Reich vor einfallende Feinde schützen sollte. Sittendorf galt als das Mekka für Motor-Cross-Veranstaltungen. Doch das ist lange her. Für den Pilger bietet der Ort eine sehenswerte romanische Kirche mit achteckigem Turm.
Von Sittendorf führt der Pilgerweg weiter nach Füllenberg. Mehr als zwei Drittel der Strecke habe ich bewältigt. Nach rund 45 Minuten Gehzeit unterquere ich die Außenring-Autobahn und erreiche den Ortsfriedhof von Heiligenkreuz.
Das Grab der Mary Vetsera
Hier wurde große Geschichte geschrieben. Am 30. Jänner 1889 begeht Kronprinz Rudolf im Jagdschloss Mayerling Selbstmord. Mit ihm stirbt auch seine junge Geliebte Mary Vetsera. Ein Skandal sondergleichen. Bei Nacht und Nebel wird die Leiche der Vetsera abtransportiert und am Friedhof von Heiligenkreuz eiligst verscharrt.
Schon bald machen Gerüchte über den rätselhaften Tod des Kronprinzen die Runde. War es Selbstmord aus Liebe? Oder ein politischen Mord? Der Fall Mayerling ist bis heute nicht geklärt.
Auf zum letzten Teil des Pilgerweges. Dieser führt über den schönsten Barock-Kreuzweg Österreichs. Eine prachtvolle Lindenallee begleitet mich vorbei an Stationskapellen und Heiligenfiguren. Und dann ist es geschafft. Ich stehe vor dem Haupteingang des Stifts.
Stift Heiligenkreuz
Das Stift Heiligenkreuz wurde 1133 von Zisterzienser-Mönchen gegründet. Was die Kaisergruft für die Habsburger ist, das ist Heiligenkreuz für die Babenberger. Im romanisch-gotischen Stift fanden mehrere Babenberger ihre letzte Ruhestätte. Darunter auch Herzog Leopold V.
Der tugendhafte Leopold ging in die Geschichte als Kidnapper von König Richard Löwenherz ein. Damit sorgte er für die Legenden rund um den Sänger Blondel und Robin Hood. Während Blondel von Burg zu Burg zog um seinen König zu finden, ließ Robin Hood die Reichen für das Lösegeld spenden.
Leopold designte auch die österreichische Fahne. Als Teilnehmer am dritten Kreuzzug erobertete er mit seinen Rittern die Stadt Akkon im Heiligen Land. Nach der Schlacht war sein weißer Waffenrock blutgetränkt. Nur ein Streifen, wo Leopold den Schwertgurt trug, blieb weiß. Die rot-weiß-rote Fahne war geboren.
Ein besonders wertvolles Reisemitbringsel für das Stift brachte Herzog Leopold aus Jerusalem mit, ein Stück vom Kreuze Christi. Die Kreuzreliquie befindet sich noch heute im Besitz der Mönche.
Viele Bereiche des Stifts sind nur mit Führung zugänglich. Dazu zählt der gotische Kreuzgang mit den kostbaren Glasfenstern, die mit Ranken und Blattwerk bemalt wurden. Der Kreuzgang ist das Zentrum des Klosters und verbindet die Klosterkirche mit zahlreichen anderen Räumlichkeiten. So können sich die Mönche auch bei Schnee und Regen trockenen Fußes im Kloster bewegen.
Vom Kreuzgang geht es weiter in den Kapitelsaal mit den Grabplatten der Babenberger und zur makabren Totenkapelle. Beeindruckend das Brunnenhaus mit den gotischen Glasfenstern, die den Stammbaum der Babenberger zeigen.
Den Abschluss der Führung bildet der Besuch der Stiftskirche. Unendlich hohe Steinsäulen streben gegen das Kreuzgewölbe und weiter Richtung Himmel. Mächtige Kirchenfenster tauchen das Kircheninnere in eine mystische Atmosphäre. Ich bin schwer von dieser gotischen Architektur beeindruckt.
Nach so viel spiritueller Nahrung für den Geist ist es an der Zeit an den Bauch zu denken. Der Klostergasthof eignet sich dafür hervorragend. Dort überbrücke ich die Zeit bis zur Abfahrt des Postbusses zurück nach Perchtoldsdorf. Genauer gesagt nach Mödling (alle zwei Stunden) und von dort mit der Schnellbahn nach Perchtoldsdorf.
Fazit
Schöne und leichte Wanderung durch den Naturpark Föhrenberg mit einem Hauch von Pilger-Atmosphäre.
FOTOALBUM
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einer Pilger-Wanderung nach Heiligenkreuz inspirieren konnten. Noch mehr Fotos zu dieser Wanderung findet Ihr im Fotoalbum unter: Via Sacra – Von Perchtoldsdorf nach Heiligenkreuz
Strecke
Perchtoldsdorf (ab Wehrturm) – Franz Ferdinand-Schutzhaus – Kammersteinerhütte – Burg Wildegg – Sittendorf – Heiligenkreuz
ca 16 km, reine Gehzeit rund 3,5 Stunden
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