Der Naturjuwelen-Radweg – Verträumte Kellergassen, drei prächtige Schlösser in Mailberg, Seefeld und Jaroslavice, sowie eine Renaissance-Wassermühle bei Slup prägen diese Radtour.
Naturjuwelen-Radweg: Ausgangspunkt Laa an der Thaya
Auf der Suche nach einer neuen Radtour im Weinviertel bin ich auf den Naturjuwelen-Radweg bei Laa an der Thaya gestoßen. Das Auto habe ich in der Nähe des Bahnhofs geparkt. Mein erster Weg führt mich zum Stadtplatz mit seinem markanten Rathaus. Dieses wurde aus Anlass des 50-jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Josef im Stil des Historismus errichtet.
Is she in Oberlaa, is she in Unterlaa oder Laa an der Thaya? Dann schrei i Feuer!
Helmut Qualtinger, Bundesbahn-Blues
Jahrzehntelang war Laa eine verarmte, von Sumpfland umgebene Provinzstadt. Der Pfarrer von Laa, Enea Silvio Piccolomini, verglich die Stadt vor rund 500 Jahren spöttisch mit Venedig.
Du uralte Stadt Laa bist die Nebenbuhlerin Venedigs, so wie diese mitten im Kot, liegt jene mitten im Meer
Enea Silvio Piccolomini
Kurze Zeit später bestieg Piccolomini als Papst Pius II den Stuhl Petri. Erst mit der Thaya-Regulierung am Beginn des 19. Jhdt konnten die Sümpfe trocken gelegt werden.
Genug der Geschichte! Ich schwinge mich aufs Rad und fahre entlang des Thayamühlbachs Richtung Hanfthal.
Felder, Marterln, Kellergassen
Die Landschaft rund um Laa ist brettleben. Ideal zum Radfahren, wenn der Wind nicht geht. Endlose Felder soweit das Auge reicht. Diese werden nur durch Windschutzgürtel unterbrochen.
Nach Hanfthal wird die Landschaft noch monotoner. Wind kommt auf, fegt über die Äcker und erschwert das Fortkommen. Zwei Hasen und ein Reh kreuzen meinen Weg. Ich freue mich über diese Abwechslung.
Auffällig die vielen Marterln und Bildstöcke, die den Wegesrand säumen. Die Inschriften erinnern an menschliche Tragödien oder Freuden.
Ein Feldweg führt mich nach Grossharras und durch die Kellergasse von Diepolz. Die Dörfer ohne Rauchfang prägen zweifellos die Gegend und sind ein Markenzeichen des Weinviertels.
Mir fällt das Weinviertler Begrüßungsritual “Griaß di, trink’ ma was” aus den Polt-Filmen ein. Die Kellergasse ist jedoch wie ausgestorben, kein Winzer lässt sich blicken. Statt einem Achterl Veltliner gibt es einen Schluck Wasser aus der Trinkflasche.
Von Schloss zu Schloss im Weinviertel
Die Landschaft beginnt sich zu ändern, es wird ein wenig hügeliger und abwechslungsreicher. Mein nächstes Ziel ist Schloss Mailberg, welches ich bereits bei meiner Radtour „Fotos zum Naturjuwelen Radweg“ besucht habe. Schloss Mailberg thront malerisch über den Dächern des Dorfes inmitten von Weingärten. Bereits seit 1146 befindet es sich im Besitz des Malteser-Ritter-Ordens. Die Besichtigung des Schlosses ist im Rahmen einer Führung möglich und der hauseigene Wein kann in der Vinothek verkostet werden.
Weiter geht es über die Kellergasse von Obritz zum Schloss Seefeld.
Dieses beeindruckende Barockschloss befindet sich im Privatbesitz der Familie Hardegg und wurde von Fischer von Erlach erbaut. Eine Besichtigung ist leider nicht möglich.
Ab Schloss Seefeld beginnt der langsame aber stetige Anstieg zur Grenze. Ein bisschen zäh ist der letzte Kilometer, dann ist aber der höchste Punkt des Naturjuwelen-Radwegs erreicht.
Und plötzlich bin ich in Tschechien. Eine verblichene Grenztafel mit der Aufschrift “Achtung Staatsgrenze” weist mich darauf hin, dass ich die Grenze soeben überschritten habe.
Besuch beim Nachbarn: Renaissance-Juwel Jaroslavice
Während ich gemütlich die zwei Kilometer lange Straße nach Jaroslavice rolle, entdecke ich schon aus der Ferne den fotografischen Höhepunkt des heutigen Tages: Schloss Jaroslavice.
Leider dämmert das Renaissance-Schloss von Jaroslavice – an dessen barocken Umbau Fischer von Erlach mitwirkte – seit vielen Jahren ohne Nutzung dahin. Auf der Rückseite des herrschaftlichen Gebäudes führt eine schmale Straße zum verwilderten Schlosspark. Nach der Enteignung der Grundbesitzer durch die Kommunisten nach Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde das Schloss jahrelang als Militärkaserne missbraucht.
Ich spaziere die Schlossfassade entlang. Tatsächlich hat der Renaissancebau mit den hohen Arkadengängen schon bessere Zeiten erlebt. Der Verputz ist abgeschlagen, einige Ziegel fehlen.
Im Schatten eines Baumes stehen zwei bemooste Putti. Das Schloss strahlt trotz seiner Narben eine friedliche Stimmung aus.
Die historische Wassermühle in Slup
Die letzte “Hügelwertung” des Tages bringt mich in das vier Kilometer entfernte Slup, wo mich eine Wassermühle aus der Zeit der Renaissance erwartet.
Das Renaissance-Gebäude mit den vier funktionsfähigen Wasserrädern und dem Mühlgraben wurde erstmals 1512 urkundlich erwähnt.
Grenzgebiet: Teiche, Felder und alte Bunker
Nach einer kurzen Besichtigung der Wassermühle mache ich mich auf den Rückweg. Ein idyllischer Waldweg führt mich zurück an den Dorfrand von Jaroslavice, vorbei am drittgrößten Teich von Mähren.
Die Bäume blühen, es riecht nach Frühling und Jasmin.
Am Teichufer entdecke ich zwei verfallene Bunker, die einst zur Grenzsicherung dienten.
Bald darauf erreiche ich den kleinen Ort Hrádek mit einer hübschen Kirche und einem Rundkarner aus dem 13. Jahrhundert.
Weiter geht es über Dyjákovice und Hevlín Richtung österreichische Grenze. Die Strecke wird wieder flacher, Gegenwind frischt auf.
Kurz vor der Grenze, ein Hauch von Ostblock-Charme. Da ein Grenzbunker, dort eine Wechselstube und ein Shopping-Center. Am Grenzübergang von Laa wurde einst große Geschichte geschrieben. Am 17. Dezember 1989 durchschnitten die beiden damaligen Außenminister Mock und Dienstbier den Stacheldraht, der Österreich und Tschechien für Jahrzehnte trennte.
Sehenswürdigkeiten Laa an der Thaya: Der beste Panoramablick
Der Grenzübertritt ist völlig unspektakulär. Plötzlich steht das Ortsschild von Laa vor mir, ich bin wieder in Österreich. Bevor es aber zurück zum Auto geht, besuche ich noch die Burg von Laa mit ihrem Aussichtsturm. Von hier bietet sich ein grandioser Rundblick zum Buschberg, ins Pulkautal oder tief nach Tschechien.
FOTOALBUM
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einer Radtour am Naturjuwelen-Radweg inspirieren konnten. Noch mehr Fotos zu dieser Radtour findet Ihr im Fotoalbum unter: Naturjuwelen Radweg
Streckenplan
Tourdaten
Radweg-Symbol: Gelbe Tafel mit braunem Streifen und einem Ziesel
Schwierigkeit: leicht
Strecke: ca 65 km
Highlights der Strecke:
- Schloss Mailberg
- Schloss Seefeld
- Schloss Jaroslavice
- Wassermühle in Slup
- Aussichtsturm in Laa an der Thaya
Der Weg ist zum Großteil sehr gut ausgeschildert. Etwas mangelhaft ist nur die Beschilderung am Rückweg zwischen Slup und Jarolavice. Es empfiehlt sich daher auch eine Karte der Region mitzunehmen.