Ich wollte schon immer einmal mit dem „Reblaus Express“ von Retz nach Drosendorf fahren und mit dem Rad zurück zum Ausgangspunkt. Die Betonung liegt auf „wollte“, denn die historische Diesellok hatte ein technisches Gebrechen.
Eine Ersatzlok war nicht zur Hand, aber ein Postbus. Und ich hatte Glück, konnte ich doch mein Rad im Bus mitnehmen. Aufgrund des beschränkten Platzangebotes von vielleicht vier Rädern und dem großen Andrang an Radfahrern ein kleines Wunder.
Die rund 50 km lange Radtour von Drosendorf nach Retz führt durch eine landschaftlich sehr schöne und abwechslungsreiche Landschaft mit zahlreichen lohnenswerten Ausflugszielen. Ein bisschen Kondition sollte man bei dieser Radtour schon mitbringen, denn es geht ständig bergauf und bergab. Natürlich kann man diesen Ausflug auch mit dem Auto unternehmen.
Drosendorf
Hoch über der Thaya erhebt sich das Städtchen Drosendorf. Als einzig österreichische Stadt ist Drosendorf noch heute durchgehend von einer mittelalterlichen Stadtmauer umgeben. Und hier wurde einst große Geschichte geschrieben, die sogar Eingang in die Weltliteratur fand.
Erst stürmt er vierzehn Tage Drosendorf und lässt dem Kaiser Zeit, die Macht zu sammeln. Ich habe Drosendorf; der Rücken ist gesichert.
Rudolf von Habsburg in König Ottokars Glück und Ende, Franz Grillparzer
Am Weg zur finalen Schlacht gegen Rudolf von Habsburg vertrödelte König Ottokar wertvolle Zeit, weil er beim Vorbeireiten Drosendorf einnehmen wollte. Zwei Wochen leistete die Stadt erbitternden Widerstand. Die tapferen Drosendorfer verhalfen so Rudolf zu einem entscheidenden Vorteil. Dieser konnte in Ruhe sein Ritterheer bei Dürnkrut sammeln und aufstellen. Das Ende ist bekannt: Der zu spät ankommende Ottokar verlor nicht nur die Schlacht, sondern auch sein Leben.
Genug der Geschichte. Bevor ich mich auf den Drahtesel schwinge, unternehme ich noch schnell einen kurzen Stadtrundgang. Sehenswert sind die zahlreichen barocken Bürgerhäuser, sowie das mit Sgraffitomalerei verzierte Rathaus am langgestreckten Hauptplatz.
Dort steht auch der mächtige „Pranger Hansl“, wo einst Diebe und Gotteslästerer zum Gaudium der Bevölkerung zur Schau gestellt wurden.
Mein Spaziergang endet beim Renaissanceschloss mit einem netten Innenhof, den man besichtigen kann. Nun geht es aber wirklich los. Erstes Ziel dieser Tour ist der knapp 15 km entfernte Badesee bei Langau.
Baden in einem versunkenen Kohlebergwerk
Langau war Anfang des 20. Jhdt der Waldviertler Ruhrpott. Hier wurde lange Jahre Braunkohle in Tagbauweise gewonnen. Nach der Einstellung des Bergbaus in den 60er Jahren füllten sich die Gruben mit Wasser. Heute erfreuen sich die Bergwerkseen großer Beliebtheit bei Badegästen.
Nachdem ich keine Wasserratte bin, wurde der Badestopp gestrichen und ich fuhr gleich weiter in das 3 km entfernte Riegersburg, wo ein prachtvolles Schloss mich erwartete.
Schloss Ruegers – Barocker Prunk im Grenzland
Schloss Riegersburg bzw Schloss Ruegers, wie es seit 2017 genannt wird, gehört zu den schönsten Barockbauten Niederösterreichs. Die starke Ähnlichkeit mit dem Belvedere in Wien ist verblüffend. Kein Wunder, ist doch der Erbauer des Schlosses ein Schüler von Lukas Hildebrandt gewesen.
Die Besitzer des Schlosses wechselten ständig, bis die Adelsfamilie Khevenhüller das Schloss erwarb und in der heutigen Form umbauen ließ.
Bekanntester Spross dieser Adelsfamilie war Fürst Johann Joseph, der zu den wichtigsten Beratern Kaiserin Maria Theresia zählte.
Zu den Höhepunkten einer Schlossbesichtigung zählt die Schlossküche und die Reste des ältesten Hundefriedhof Österreichs. Diesen findet man unter einem alten Nussbaum im Schlosspark.
Nach dem Besuch dieses prachtvollen Anwesens tauche ich in die dichten Wälder des Nationalparks Thayatal ein. Flott und kurvenreich geht es bergab zur Thaya, wo die kleinste Stadt Österreichs auf mich wartet.
Hardegg – Die kleinste Stadt Österreichs
Hardegg – die kleinste Stadt Österreichs – lag jahrzehntelang an einer toten Grenze. In der Mitte der Thaya verlief der Eiserne Vorhang zwischen Österreich und der damaligen CSSR.
Die Grenzbrücke über die Thaya war während des Kalten Krieges unpassierbar, da die Holzbretter auf tschechischer Seite herausgerissen waren.
Panzersperren und Stacheldraht sicherten zusätzlich das tschechische Ufer ab. Es wurde alles unternommen um die Flucht in den Goldenen Westen unmöglich zu machen.
Doch diese düsteren Zeiten sind Gott sei Dank vorbei. Heute können Fußgänger und Radfahrer die Thayabrücke wieder problemlos passieren.
Bevor ich mich auf den Weg zur Burg Hardegg mache, beschließe ich noch eine kleine Stärkung im Gasthaus Thayabrücke – einem wunderschönen alten Holzsalettl direkt an Thaya und Grenze gelegen – zu mir zu nehmen. Wenn man nicht mit dem Rad unterwegs ist, der ideale Ort für ein Mittagessen oder eine Jause.
Mächtig thront die Burg Hardegg über der Stadt. Wie alle Burgen an der Thaya diente sie zur Verteidigung der Thayagrenze gegen Böhmen. Mit Ende des 30 jährigen Krieges begann der Verfall der Festung.
Nach einem schweren Stadtbrand nutzte die Bevölkerung die Ruine als Baumarkt und schleppte tonnenweise Steine und Holz zum Wiederaufbau ihrer Häuser davon.
Das endgültige Schicksal der Burg als Ruine schien besiegelt, wenn da nicht Fürst Johann-Carl Khevenhüller gewesen wäre, der am Ende des 19. Jhdt die Renovierung der Burg beauftragte.
Nach einer kurzen Burgbesichtigung beginnt nun der anstrengendste Teil der heutigen Tour. Die „Lange Marter“ erwartet mich. Rund 1,5 km geht es in Serpentinen bergauf Richtung Merkersdorf. Die “Lange Marter” ist übrigens keine Anspielung erschöpfter Radfahrer auf den mühsamen Anstieg, sondern es handelt sich dabei um die Bezeichnung eines alten Bildstocks, wo einst Verbrecher hingerichtet wurden.
Burgruine Kaja – Und noch eine Ruine
Irgendwann geht auch die größte Anstrengung zu Ende und ich erreiche Merkersdorf, wo eine kurze Stichstraße hinunter in das Thayatal zur Burgruine Kaja führt.
Einen Besuch der Burgruine kann ich nur empfehlen, auch wenn dadurch wieder ein paar Höhenmeter dazukommen. Aber man wird dafür mit dem einen oder anderen schönen Fotomotiv belohnt.
Retz
Von Merkersdorf führt die Tour durch Wiesen und Felder nach Niederfladnitz, wo H. C. Artmann und ein gewissen Manfred Nidl – besser bekannt als Paradeseemann Freddie Quinn – geboren wurden.
Ab hier ist es nur mehr ein Katzensprung nach Retz. Die Strecke führt stetig bergab, vorbei an der Retzer Windmühle.
Ein kurzer Fotostopp ist obligatorisch, ebenso wie am sehenswerten Hauptplatz mit Rathausturm und Verderberhaus.
Von hier ist es dann noch ein knapper Kilometer zum Bahnhof, wo ich mein Auto geparkt hatte.
FOTOALBUM
Wir hoffen, dass wir Euch mit unseren Tipps zu einer Radtour von Drosendorf nach Retz inspirieren konnten. Noch mehr Fotos zu dieser Radtour findet Ihr im Fotoalbum unter: VON DROSENDORF NACH RETZ MIT DEM REBLAUSEXPRESS
Streckenplan
Tourdaten
Radweg-Symbol: verschiedene, die Tour basiert zum Großteil auf der Kamp-Thaya-March Radroute, sowie am Beginn und am Ende am Reblaus Radl-Weg.
Schwierigkeit: mittel
Strecke: ca 50 km
Highlights der Strecke:
- Drosendorf
- Schloss Riegersburg
- Burg Hardegg
- Ruine Kaja
- Retz
Wichtiger Hinweis: Der Reblaus Express verkehrt nur am Wochenende und an Feiertagen! Man kann diesen Ausflug natürlich auch nur mit dem Auto unternehmen.